Kurz vor dem Heiligen Abend wagten wir ein besonderes Abenteuer. Erstmals nahmen wir mit unserer Schachjugend an der Offenen U8-Meisterschaft von Niedersachsen teil. Philipp Michel, von Jugendleiter Udo Güldner in Verden an der Aller (zwischen Hannover und Bremen) betreut, wurde mit 4,5 Punkten aus sieben Runden Elfter in einem stark besetzten Turnier. „Mit Philipps Abschneiden bin ich sehr zufrieden, auch wenn vielleicht noch ein Punkt mehr möglich gewesen wäre,“ so das Resümee des Jugendtrainers. Und Philipp? Der freute sich über sein erstes mehrtägiges Turnier, zahlreiche Freizeitaktivitäten und spannende Partien. „Wann können wir wieder so ein Turnier mitspielen?“ Hier der Bericht:
Turnierseite
Gegner von Philipp Michel (DWZ 777):
0:1 | Jin Jan Kümmel | (-) | SV Bückeburg |
1:0 | Lukas Möller | (-) | SC Aurich |
remis | Maximilian Boldt | (-) | SZ Bemerode |
1:0 | Jannis Guse | (-) | SK Bremen West |
0:1 | Pavel Mimkes | (738) | Rochade Göttingen |
1:0 | Mike Niklas Scheidt | (758) | Hagener SV |
1:0 | Lukas Schulze | (1038) | SK Lehrte |
Hier der Bericht des Betreuers Udo Güldner:
„Eigentlich sollte ja am 21. Dezember die Welt untergehen. Wenn sie es denn tat, so haben Philipp Michel und ich in Niedersachsen davon nichts mitbekommen. Was aber auch an Niedersachsen liegen kann. Oder auch daran, dass zwar nicht die Menschheit, wohl aber die Maya untergegangen sind. Die Anreise gestaltete sich witterungsbedingt schwierig. In Hessen empfing uns dichter Nebel, der in Niedersachsen in Schneefälle, und kurz vor Verden an der Aller in Eisregen überging. Ein Verpflegungsstop führte uns zum Mc Donald´s nach Großburgwedel – ja genau dorthin, wo der Ex-Bundespräsident wohnt. Wahrscheinlich ist das Etablissement der Systemgastronomie dort die zweite von zwei Sehenswürdigkeiten. Sonst jedenfalls versprühte der Ort wenig Charme.
Nach sechseinhalb Stunden hatten wir Verden an der Aller dann auch erreicht. Leider ohne Veith Schubert, der kurzfristig abgesagt hatte und in der Heimat geblieben war. Am nächsten Morgen ging es über eisige Straßen und Wege, die weder geräumt noch gestreut waren, zur Jugendherberge, in der die U8-Meisterschaft, parallel zum U10-Schnellschach-Pokal, stattfand. Entweder war Philipp noch müde, vielleicht auch uninspiriert, möglicherweise unterschätzte er sein Gegenüber auch. Jedenfalls verlor er zum Auftakt gegen einen DWZ-losen Gegner sang- und klanglos und konnte sich die Niederlage später nicht erklären. Ich mir übrigens auch nicht, da sein Kontrahent die übrigen sechs Runden nur noch zwei weitere Punkte einsammelte. Im Übrigen bekam ich nicht viel von den Partien mit, da allen Eltern, Betreuern und sonstigen Zuschauern der Zutritt zum Turniersaal verboten war. Eine für die Spieler, deren Konzentration und Nervenkostüm sicherlich völlig richtige Entscheidung.
In der zweiten Runde folgte ein weiterer DWZ-loser U8-Spieler, der nach hartem Kampf jedoch den König umlegte – seinen eigenen selbstverständlich. Selten habe ich ein solch stark besetztes U8-Turnier gesehen, quantitativ mit 44 Kindern, und qualitativ mit 22 DWZ-Spielern. Und nicht jeder mit Wertungszahl hatte es leicht. Auch die Spitze nicht, aber dazu später mehr. Ein weiterer Prüfstein folgte in Runde 3, wo bis zur letzten Figur gekämpft wurde. Als nur noch zwei Könige das Brett be-(oder besser ent-)völkerten, was das erste und einzige Remis für Philipp perfekt. Als Trainer war ich mit der Zeiteinteilung und dem Kampfgeist mehr als zufrieden. Von den möglichen 60 Minuten nutzte Philipp diesmal über 50 Minuten, in anderen Runden sah es ähnlich erfreulich aus.
Zum Abschluss des ersten Wettkampftages leuchteten Philipps Augen noch einmal, als er seinen Sieg in der 4. Runde und damit 2,5 Punkte aus vier Runden verkünden durfte. Dann begann das Rahmenprogramm der Niedersächsischen Schachjugend (NSJ), in dem Philipp einen Weihnachtsmann aus Holz basteln und einige Spiele im Freien mitmachen durfte. Abends kegelten wir dann noch rund eineinhalb Stunden, in denen Philipp unbedingt 1000 Holz umwerfen wollte – wozu er als Anfänger auch nur 307 Würfe brauchte. Und danach hundemüde war.
Der nächste Tag sollte die Entscheidung an der Spitze bringen, und Philipp wollte vorne mitmischen. Was er sich durch eine Niederlage gegen den Fünftplazierten und aktuellen Göttinger Grundschulmeister allerdings selbst verunmöglichte. Allerdings lieferten sich beide Gegner einen erbitterten Schlagabtausch, während dessen sich der Turniersaal nach und nach leerte. Philipps Partie war die letzte noch laufende, und er hatte gegen einen von der Papierform her gleichstarken Gegner leider nicht das nötige Fortune. Inzwischen hatte es auch die Setzlisten-Erste erwischt, die sich zuviele unentschiedene Partien leistete und nach Stichkampf nur Dritte wurde. Die Favoriten waren ins Hintertreffen geraten. Auch weil ein DWZ-loser Favoritenschreck, Jeremy Hommer vom SC Tum Lüneburg, das Feld aufrollte und Zweiter wurde. Sieger wurde Sören Evering vom SC Papenburg.
Philipp ließ sich jedoch nicht beirren und wollte zumindest noch zwei schöne Partien spielen. Was ihm in den Runden 6 und 7 auch gelingen sollte. Besonders in der Schlussrunde, in der er die Nr. 2 der Setzliste mit DWZ 1038, einen klaren Favoriten also, in geradezu beängstigend souveräner Manier vom Brett schob. Wenn er das doch nur immer so hinbekäme… René Martens und seinem engagierten Team gilt unser beider Dank für eine hervorragend organisierte, faire und hochklassig besetzte Meisterschaft, an der wir als bayerische Gäste unter Niedersachsen, Bremern, Hamburgern und Schleswig-Holsteinern teilnehmen durften. Die Rückreise verlief ohne Wetterkapriolen, durch gefühlte 78 Baustellen auf der A7 jedoch nicht so zügig wie erhofft. Nach drei anstrengenden Tagen war Philipp erst einmal putzmunter, ich als Betreuer jedoch krank. Vielleicht lag das ja an der ansteckenden Spielfreude.“