Schon lange hatten wir es geplant, in diesem Sommer soll es Wirklichkeit werden: Wir gründen eine Fußballabteilung! „Die vielen Jugendlichen in unserem Verein brauchen einfach mehr Bewegung“, so Vorsitzender Udo Güldner bei der letzten Vorstandssitzung. Denn sonst könnten sie sechsstündige Brettschlachten kaum bestehen. Das gleiche gelte für machen erwachsenen „couch potatoe“. Der Antrag auf Gründung einer Fußballabteilung fand so eine fast einstimmige Mehrheit. „Nur ein Mitglied war dagegen, weil wir ihm nicht versprechen konnten, dass er Torwart sein würde.“ Noch in diesem Sommer soll mit den Vorbereitungen begonnen werden. „Ich selbst könnte etwas mehr Sport ja auch gut brauchen,“ schmunzelt Udo Güldner. Er soll sich als Platzwart um eine klare Linie kümmern und den Raum zwischen den Toren vernetzen.
Was einige für eine Schnapsidee halten, hat für den SC-Vorsitzenden durchaus Charme. „Für unsere Idee gibt es eine Parallele, die aber schon einige Zeit her ist,“ so SC-Vorsitzender Udo Güldner. „Damals einverleibte sich der FC Bayern München, der bis dahin schachlich keine Rolle gespielt hatte, den SC Anderssen-Bavaria München. Das habe damals auch niemanden gestört, und es dauere bis heute an. Einige Tips will man sich beim FCB-Abteilungsleiter Günter Schütz holen. „Der kennt unseren Verein von vielen Veranstaltungen und wird im Mai wahrscheinlich in Forchheim sein.“
Im Schachclub gibt es eine Reihe von jugendlichen Spielern, die sich auf mehrere Fußballvereine der Umgebung verteilen. So spielte beispielsweise Fabian Justi beim FC Burk, Thomas Wagner spielte beim SV Langensendelbach, Fabio Wernsdörfer und sein jüngerer Bruder Philipp spielen beim SV Gloria Weilersbach und Niklas bzw. Johannes Gründel spiel(t)en beim Baiersdorfer SV. Da lag es nahe, die talentierten Spieler aus der Umgebung in einen eigenen Verein zusammenzufassen. „Zumal so etwas nicht jeder hat.“ Es seien bereits wohlwollende Signale des Fußballverbandes auszumachen gewesen. „Schließlich klagt man dort seit Jahren über rückläufige Mitgliederzahlen. Und jede Woche wird eine Mannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet.“ Da sei man nicht sehr wählerisch. Einziges Problem sei die Orientierung nach Oberfranken. „Was wir im Schach seit einem halben Jahrhundert erfolgreich vermeiden, das bleibt uns beim Kicken nicht erspart.“
Als Trainer sind der langjährige Jugendtrainer der SV Gloria Weilersbach, Thomas Wernsdörfer, oder der Forchheimer Bundesliga-Profi Christian Springer, Schwiegersohn unseres Mitglieds Klaus-Jürgen Erler im Gespräch. Auch einen Schiedsrichter, der laut Bayerischem Fußball-Verband (BFV) für jede Herren-, Damen- und A-Jugend-Mannschaft verpflichtend ist, könnten wir mit Johannes Gründel stellen. „Da sind wir bei der Mitgliedergewinnung in den letzten Jahren ohne großes Aufhebens zweigleisig gefahren.“ Bei weiterem Zulauf könne man in den Folgejahren wohl auch damit rechnen, den kleinsten Sportverein der Stadt, den ATSV Forchheim, in der Mitgliederzahl zu überholen. „Die schrumpfen seit Jahren kontinuierlich.“
Die Spielstätte wird derzeit noch gesucht. Der FC Burk lehnte eine Nutzung der Spielstätten aus historischen Gründen ab. Erste Überlegungen gehen in Richtung Türkischer Kulturverein. Dieser spielt auf den Plätzen auf der Sportinsel. Umkleidekabinen sind bereits in den Räumen des Roten Ochsen vorhanden, zur Sportinsel sind es nur wenige hundert Meter, auf denen sich die Talente auch gleich warmlaufen können. Auch historisch würde das passen, schließlich stammt das Schachspiel aus dem Orient. „Wir werden da Kontakt aufnehmen.“
Vom Bayerischen Fußballverband haben wir die Erlaubnis bekommen, Schuhe mit genau 64 Stollen zu verwenden. Schließlich muss die Herkunft vom Spiel der Könige deutlich werden! „Und trittsicherer geht es da auch zu – vor allem bei Blutgrätschen,“ freut sich Udo Güldner schon auf erste Testspiele mit einem Gegner, den die Amateure ohne Spielpraxis durchaus schlagen können: den schlechtesten Fußballverein Deutschlands, der 1. FC Germania Forchheim. „Zum Glück sind die Wege da nicht weit. Und wir wären die ersten seit Jahren, gegen die Germania gewinnen würde.“ Das erscheine doch sehr unwahrscheinlich.
Wir starten mit einer Jugendmannschaft und einer AH-Mannschaft. „Da haben wir die größten Ressourcen. Bei den unter 20- und den über 50-Jährigen.“ Auch eine Aufstellung schwebt den Verantwortlichen bereits vor: Im Tor Berthold Bartsch. Manfred Heidrich, auch auf dem Schachbrett als Verteidigungskünstler bekannt, übernimmt die Abwehr. Linker Läufer wird Aleksander Krawczyk, als mazedonischer Legionär ist Bogdan Ivanovski im Einsatz. Josef Gründel wird als Spielertrainer fungieren. Bei der AH-Mannschaft wird zur Stärkung in der Pause ein Seidla Doppelherz gereicht. Vereinsarzt Dr. Heinrich Kraft soll regelmäßig die Werte messen, um rechtzeitig vor dem Schlaganfall die Spieler auszuwechseln. Bei der Damen-Mannschaft soll Dr. Jochen Radeck, ausgebildeter Gynäkologe, nach dem rechten sehen.
Der für seine Bobby-Fischer-Anekdoten bekannte Hans Niedermaier macht Stadionsprecher, er kann während des Spieles Fischer-Anekdoten erzählen (Klaus Fischer, nicht Bobby Fischer). Psychotherapeuten für die Behandlung der Spieler, die das anhören müssen, stehen ebenfalls bereit. „Wir haben an alles gedacht.“ Selbst an die Vorbereitung, die so geheim verlief, dass nur aufmerksame Homepage-Besucher am Rande davon Notiz nehmen konnten. Ein erster Testlauf fand vor zwei Jahren statt. Vergleichsspiele gegen den Heilbronner SV – Schach, Minigolf, Fußball – verliefen, bis auf Minigolf zur Zufriedenheit der Initiatoren. „Im Minigolf waren wir hoffnungslos unterlegen, im Schach stand es ausgeglichen, im Fußball lief es hervorragend, deswegen gründen wir auch keine Minigolfabteilung, obwohl auch hier die Infrastruktur auf der Sportinsel vorhanden wäre.“
Für Fußball lassen sich wesentlich leichter Sponsoren gewinnen als für die „Randgruppensportart“ Schach. „Da wird nicht auf den Euro geschaut, sondern unglaublich viel Geld ins System geblasen. Da sind unsere Jahresumsätze beim Schach doch eher Portokosten.“ Auch das eine Überlegung, die eine wichtige Rolle spielt. „Wir subventionieren mit den Fußballeinnahmen aber vollständig das Schachspiel. Prämien und Handgelder gibt es auch nicht.“ Eine radikale Abkehr vom üblichen Gebaren im „Amateur“-Fußball, für das es von den umliegenden Sportvereinen nicht nur Zustimmung geben dürfte.
Derzeit wird fieberhaft nach einem Namen für die Abteilung gesucht. Erste Vorschläge wie „Torpedo Forchheim“, „FC Kasparow Forchheim“ oder „Schwarz-Weiß Forchheim“ fanden keine ungeteilte Zustimmung. Wer eine Idee hat, möge sich bitte bei Udo Güldner melden. „Vielleicht gibt es auch einen Sponsor, der seinen Namen gerne lesen möchte. Wir sind da dialogbereit.“
Der für die Spieltaktik zuständige B-Trainer Wolfgang Fiedler macht sich bereits Gedanken, wie man Eröffnungen auf das Spielfeld übertragen kann. So könnte ein Gambit durchaus bedeuten, dass man dem Gegner ein Bein stellt. Wenn dann ein eigener Spieler vom Platz gestellt wird, sei zumindest die erste Forderung erfüllt. Weitere Varianten seien Schottisch (den Ball nicht hergeben), Polnisch (ohne Ball spielen), Holländisch (den Gegner anspucken) oder Spanisch (im roten Trikot auflaufen).
Die Vereinsverantwortlichen tragen sich auch mit dem Gedanken, das Fußballfeld in schwarz-weiße Quadrate aufzuteilen. „Damit sich unsere Mitglieder auf dem ansonsten unbekannten Terrain besser auskennen.“ Allerdings hat die FIFA dagegen bereits Protest angekündigt, während die FIDE unsere Idee befürwortet. Vielleicht könnte das ja eine Hintertür sein, um endlich olympische Sportart zu werden. „Besser als Schach-Boxen ist das allemal.“
Noch herrscht Unklarheit darüber, ob die Schach-Regel „berührt, geführt“ auch beim Fußball zur Anwendung kommt. Dazu wird eine Vereinbarung zwischen der Regelkommission des BFV und des Bundesrechtsausschusses des BSB erwartet. „Das kann sich allerdings noch hinziehen. Man weiß ja, wie lange die Funktionärsbürokratie mahlt.“
Da eine der Bedienungen im Roten Ochsen in einer Cheerleader-Mannschaft trainiert (Bild folgt nach diesem Wochenende, vorerst siehe: hier), ist die Frage der Anfeuerung der Fußballmannschaft kein Problem. Die Bamberg Bears leihen uns das Cheerleader-Team für die Heimspiele aus, im Gegenzug müssen wir beim Football für das Catering sorgen. „Man stelle sich vor, beim Schach tauchen auf einmal junge, attraktive Frauen auf, die sich rhythmisch bewegen – da haben wir bald unsere Mitgliederzahl verdoppelt.“