Prusikin im Olympia-Team (letzte Runde)

GM Michael Prusikin

Lange war die Aufstellung des dritten deutschen Teams für die Schach-Olympiade ein gut gehütetes Geheimnis. Jetzt steht aber fest, dass GM Rainer Buhmann (ELO 2541/SG Aljechin Solingen), GM Michael Prusikin (2538), GM Alexander Naumann (2518/SG Aljechin Solingen) und die beiden Jugendspieler IM Julian Jorczik (2382/FC Bayern München) und Andreas Heimann (2428/SC Dreiländereck) mit Kapitän GM Jens-Uwe Maiwald antreten werden. Wir wünschen unserem Spitzenspieler viel Erfolg in Dresden. Zugleich werfen wir ein wachsames Auge auf GM Vlastimil Jansa, der als Nationaltrainer die Luxemburger Mannschaft betreut. Jetzt mit Kurzberichten:
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Unser Spitzenspieler berichtet:

„1. Runde: Er eröffnet mit 1. c4, ich habe einen seltenen Aufbau gewählt, den mein Gegner mit entwickelt hat. Die Eröffnung verlief zufriedenstellend, aber 11… 0-0 war schwach, ich habe sein 13. h3 h4! zwar gesehen, aber stark unterschätzt. Danach stehe ich die ganze Zeit schlechter, in Zeitnot lässt er mich noch mal ins Spiel kommen, dann bringe ich mich aber mit 30… Lxh5?? selbst um. Am ersten Brett kann Rainer Buhmann gegen Shirov Remis forcieren, versucht auf Gewinn zu spielen und stirbt den Heldentod :o) Insgesamt ist unsere 3,5:0,5 Niederlage zu hoch ausgefallen.

2. Runde: Habe Weiß gegen Kenny Solomon, IM, Elo 2337. Ein Start-Ziel-Sieg für mich, habe wohl ganz brauchbar gespielt. Leider kippen die Partien an den letzten zwei Brettern, so dass wir statt 3:1 nur 2:2 spielen gegen eine nominell deutlich schwächere Mannschaft. Zur Strafe bekommen wir morgen San Marino – eine der schwächsten Mannschaften im Turnier. Alles andere als ein 4:0 Sieg wäre peinlich.

3. Runde: 4:0 hat leider nicht geklappt, weil Andreas, der sich offensichtlich in sehr schlechter Form befindet, gegen einen 400 Punkte schlechteren Gegner verlor. Mit 3:1 haben wir aber immerhin unseren ersten Sieg eingefahren und hoffen morgen auf einen stärkeren Gegner. Meine Partie ist nicht der Rede wert – der Gegner hat zu schwach gespielt.

4. Runde: Nach nicht sehr aufregender Eröffnung patzte mein Gegner mit 15… g7-g5?? Danach bekomme ich einen großen Vorteil im 19. Zug wäre g2-g3 sehr stark gewesen, aber auch der Zug, den ich gemacht habe, war ok. Im 23. Zug haben wir Remis durch Zugwiederholung gemacht. Ich hätte weiter spielen müssen, da ich immer noch besser stehe, aber ich habe einiges übersehen. Insgesamt eine schwache Partie von mir. Der Kampf ging nach spannendem Verlauf 1,5 gegen 2,5 verloren, was gegen die starken Tschechen gar nicht so schlecht ist, in der Folge bekommen wir morgen aber mit Thailand wieder eine schwache Mannschaft – Schweizer System eben.

5. Runde: Schwarz gegen – einen Thailänder. Den Namen kann ich weder aussprechen noch mir merken. Nominell relativ schwach (Elo 2173), hat mein Gegner eine sehr starke Partie abgeliefert. Nach langer Manövrierphase entstand im 22. Zug eine kritische Stellung. Mit 22… Ld3 griff ich fehl, habe sein starkes 23. Sxc7! völlig übersehen. Genauer gesagt, habe ich übersehen, dass ich nach 23… Dxc7 24.Tfd1! einfach einen Bauern verliere. Zum Glück konnte ich mich mit 23… Lxf1 gerade noch in ein ausgeglichenes Endspiel retten – ein völlig korrektes Remis, Kompliment an meinen Gegner. Die Thailänder waren äußerst nett und sympatisch, jeder von uns hat eine kleinen Elefanten geschenkt bekommen.

6. Runde: Ich habe ausgesetzt, die Mannschaft erreichte einen ungefährdeten und völlig verdienten Sieg gegen Paraguay. Jetzt haben wir zum ersten mal im Turnier eine positive Mannschaftspunktbilanz und bekommen sofort den nächsten richtig schweren Brocken: die Kubaner. Sie sind vom Eloschnitt her mit den Spaniern vergleichbar, gegen die wir in der ersten Runde nur einen halben Punkt gemacht haben. Jetzt sind wir aber schon im Turnier und ich hoffe, dass wir uns besser verkaufen werden.

7. Runde: Nun, wir haben uns besser verkauft, asl gegen Spanien, gereicht hat es trotzdem nicht. Drei mehr oder weniger ereignislosen Remisen stand eine Niederlage von Rainer gegen den Weltklassemann Dominges gegenüber. Am Brett 3 bei Alex Naumnann war nie richtig etwas los, am Brett 4 gings drunter und drüber, am Ende eben doch Remis. Ich wählte in der Eröffnung einen falschen Plan gegen den ehemaligen U18-Weltmeister Bruzon. Lg5xf6?! war nicht gut, dieser Läufer hat mir später gefehlt. Ab da stand ich minimal schlechter, verteidigte mich aber umsichtig. Mit Le6xh3 hat er dann plötzlich Remis forciert. Ich vermute, dass er bei Lxh3 übersehen hat, dass nach Dh4 Kg2 das vermutlich geplante Te8xe3 an Sd2-f3! scheitert.

8. Runde: Ich gewann eine recht interessante Partie, nicht fehlerlos und zu komplex, um ins Detail zu gehen. Heute spielen wir gegen Brasilien, sind wieder leicht favorisiert. Ein Sieg wäre wichtig, um unsere Position vor Deutschland 2 zu festigen.

9. Runde: Eine wahre Katastrophe, denn ohne Not (auch nicht in Zeitnot) habe ich eine völlige Gewinnstellung weggeworfen. Eine bittere Niederlage, die mir das ganze Turnier ruiniert hat.

10. Runde: Ich habe mich deshalb für die 10. Runde beurlauben lassen.

11. Runde: Wieder ein Start-Ziel Sieg für mich, die Mannschaft gewinnt noch mal 4:0 gegen Japan, wobei dieser Sieg etwas zu hoch ausfällt (an 3 standen wir schlecht und an 1 hätte es Remis ausgehen müssen).

Kleines Fazit: Mit der Qualität meines Spiels bei der Olympiade bin ich insgesamt ganz zufrieden, mit dem Ergebnis aber nicht, wobei ich mit einem einzigen schlechten Zug in der Runde 9 mein gesamtes Turnier ruiniert habe.

Das Mannschaftergebnis ist auf jeden Fall positiv zu bewerten, an 47 gesetzt sind wir 35. geworden und haben den inoffiziellen Titel der „besten deutschsprachigen Mannschaft“ errungen, da wir Deutschland 2, Österreich und die Schweiz am Ende hinter uns gelassen haben und bei Deutschland 1 die Amtssprache Russisch war :o)) (Udo, bitte lass den Smiley da!).

Gegner von GM Michael Prusikin: