Bis vor Kurzem noch spielte FM Christian Schramm (41) beim SC Obernau am Spitzenbrett der Landesliga Nordbayern. Als der unterfränkische Verein aus dem Aschaffenburger Stadtteil seinen Rückzug aus den bayerischen Ligen Richtung Unterfranken-Liga bekanntgab, suchte sich der selbständige Schachtrainer aus Frankfurt/Main ein neues Team. Weil er mit GM Michael Prusikin, FM Léon Mons und FM Alexander Seyb in der 1. Bundesliga Österreichs spielt, zog es ihn zu uns. Der Unterfranken-Meister 1999 holte sich aus den Titel eines Bayerischen Meisters 2001. 2004 wurde der Germanistik-Student in Chemnitz Deutscher Hochschulmeister. Mit unserem ehemaligen Spitzenspieler GM Michael Prusikin gewann er 2013 unter der Flagge der „Allianz Global Investors“ in Bremen die Deutsche Meisterschaft im Betriebsschach. Nun verstärkt er unsere 1. Mannschaft am 4. Brett. Herzlich willkommen bei uns! Aus gegebenem Anlass habe ich unserem Neuzugang einige Fragen gestellt. Hier seine Antworten:
Was macht für Sie den Reiz des Schachspiels aus?
Trotz ständiger Wiederholung das stets Neue.
Sie spielten in den letzten Jahren beim SC Obernau am Spitzenbrett. Warum haben Sie das schachliche Unterfranken in Richtung Forchheim verlassen?
Der Entschluss mich zu verbessern, durch stärkere Gegner und auch Mitspieler.
Sie sind ja FIDE-Meister (FM) mit einer ELO-Stärke von fast 2400. Seit wann tragen Sie den Titel? Gab es schon Versuche, den Internationalen Meister (IM) zu erreichen?
Den FM Titel hab ich eine gefühlte Ewigkeit (ca. 15-20 Jahre?). Der erste Versuch einer IM-Norm ist gestern in Lüneburg beim GM-Turnier knapp gescheitert (remis in letzter Runde hätte gereicht).
In welchen höherklassigen Mannschaften haben Sie bereits die Figuren gezogen? Und mit welchem Erfolg?
Ich habe ein paar Jahre bei SSV Rotation Berlin am Spitzenbrett in der 2. Bundesliga gespielt, und seit drei Jahren bin ich in Österreich für SIR Salzburg in der 1. und 2. Liga am Start.
Sind Ihnen in Ihrer Schachkarriere größere Erfolge im Ligabetrieb, bei Verbandsmeisterschaften oder Open gelungen?
Eine meiner interessantesten Partien spielte ich 2000 in Darmstadt bei einem Simultan gegen Peter Swidler. Die gemeinsame Analyse war von Hochachtung meinerseits und Respekt seinerseits bestimmt. Eine recht ordentliche Partie spielte ich bei einer Bayerischen Einzelmeisterschaft gegen den leider schon verstorbenen Ex-Fernschachweltmeister Mikhail Umansky.
Wie würden Sie Ihren Spielstil selbst beschreiben?
Auch FIDE-Meister fangen einmal ganz klein an.
Wie hat es bei Ihnen mit dem Königlichen Spiel angefangen? Wer hat Sie dazu gebracht, und wer hat Sie trainiert?
Schach spielen lernte ich mit 5-6 Jahren von meinem Vater auf einem von ihm geschreinerten Brett mit Figurensatz im Bauhausstil (die Zugweise der Figuren ist “plastisch” dargestellt). Mit sieben Jahren war ich in meinem ersten Verein “Post SV Berlin” bei Jugendmeisterschaften im Einzel und der Mannschaft aktiv. Mein Trainer Thomas Völker bereitete mich auf damalige Gegner wie Jens-Uwe Maiwald und Roman Slobodjan vor. Da Fritz Baumbach zum Freundeskreis meiner Mutter gehörte, hatte ich häufig die Gelegenheit, meine Jugend- und seine Fernschach-WM-Partien zu analysieren und somit von einer „Legende” zu lernen.
Und bei welcher Gelegenheit spielten Sie Ihr erstes Turnier?
Es muss irgendwann zum Ende des letzten Jahrtausends gewesen sein, da spielte ich als kleiner Junge gegen den damals noch berühmteren Wolfgang Uhlmann eine Simultanpartie…, und verlor nicht.
Bei welchen Vereinen waren Sie bislang als Spieler aktiv – und wie kam es jeweils dazu?
Nach meinem “Karrierebeginn” bei Post Berlin wechselte ich in der Nachwendezeit 89/90 zu Rotation Berlin. Mit Beginn meiner Studienzeit 1994 in Darmstadt hatte ich über das Hochschulschach Kontakt zu Spielern vom SC 1959 Obernau, wo ich dann als Spielertrainer anheuerte. Außer einer zweijährigen Unterbrechung (zurück zu Rotation Berlin in der 2. Liga) hielt ich dem Verein die Treue, und wir kämpften uns von der Unterfrankenliga bis in die Oberliga.
Haben Sie bei diesen Vereinen auch organisatorische Aufgaben oder Vorstandsämter übernommen?
Bis auf das Organisieren von Korkenziehern bei diversen Auswärtskämpfen kann ich mich an keinen weiteren Posten erinnern…
Gibt es Ereignisse am Schachbrett, an die Sie sich sehr gerne erinnern und solche, die Sie lieber vergessen möchten?
Trotz meiner jungen (?) 41 Jahre komme ich bei guten Erinnerungen ins Schwärmen…, vergessen möchte ich erstmal meine gestrige Letztrundenniederlage, die mich meine erste IM-Norm kostete…
Welche Turniere gehören regelmäßig in Ihren Jahresplan?
Da ich jetzt das aktive Turnierschach für mich entdeckt habe, werde ich wohl wieder Lüneburg 2015 ansteuern und außerdem in Bad Wiessee dabei sein.
Es gibt im Deutschen Schachbund (DSB) ja nur wenige A-Trainer, das heißt Spitzenspieler mit Trainerlizenz. Seit wann sind Sie in der Ausbildung unterwegs, wie kam es dazu, und wen haben Sie bisher betreut?
Die Trainerausbildung (C+B) habe ich vor etwa zehn Jahren mit unbestimmtem Ziel begonnen und den A-Trainerschein letztes Jahr als nunmehr selbständiger Schachtrainer abgeschlossen. In den zurückliegenden Jahren habe ich hauptsächlich eine Schülerin (Nadja Berger) privat bei Bayerischen, Deutschen und Internationalen Meisterschaften betreut. So waren wir 2008 in Montenegro zur EM und 2012 in Maribor zur WM. Das Ziel Südafrika 2014 als Abschluss ihrer Jugendschachkarriere hat sie leider verfehlt, und so werde ich eventuell ab nächstem Jahr aktiv für die Bayerische Schachjugend unterwegs sein?!
Kümmern Sie sich eher um Breitenschach, also darum, möglichst viele Menschen für Schach zu begeistern (z.B. im Schulschach), oder liegt Ihr Fokus auf der Spitzenförderung?
Sowohl als auch. In Frankfurt am Main arbeite ich an Schulen in Schach-AGs, und in Bayern trainiere ich die Kaderspieler.
Was reizt Sie an der Tätigkeit eines Trainers?
Ich vermittele einfach gerne meine eigene Begeisterung für diesen Sport und teile die Freude an den Erfolgen meiner Schüler.
Welche kurz- und mittelfristigen Ziele haben Sie sich beim SC Forchheim, speziell in der Bundesliga-Mannschaft, gesetzt?
Aufstieg mit der Mannschaft und IM-Norm für mich.
Herzlichen Dank für das Interview.