Eine Woche lang blickt Schachdeutschland nach Oberhof. Dort finden die Deutschen Jugendmeisterschaften statt. In der U16 gehören unsere Teilnehmer Léon Mons und Eduard Miller zum Favoritenkreis. Durch einen hart erkämpften Sieg in der Schlussrunde sicherte sich Léon mit 7,5 Punkten aus neun Runden den Titel des Deutschen Meisters! Wir gratulieren von Herzen! Eduard hatte kein gutes Turnier und landete als Vorjahresdritter mit 3,5 Zählern auf Platz. Jetzt mit Léons ausführlichem Bericht:
Hier der Bericht des neuen Deutschen Meisters:
„Vom 11. Juni bis zum 19. Juni fanden die deutschen Jugendeinzelmeisterschaften wie schon letztes Jahr im thüringischen Oberhof statt. Oberhof ist in erster Linie als Trainingsort für Wintersportler bekannt, bot mit dem Treff-Hotel, in dem wir untergebracht waren, aber auch genügend Platz für die über 1000 anwesenden Spieler, Eltern und Betreuer. Als Erstgesetzter in dem 30-köpfigen Teilnehmerfeld der Altersklasse U16 rechnete ich mir dieses Jahr gute Chancen aus, bei meiner sechsten Teilnahme an der DEM endlich meinen ersten deutschen Meistertitel zu erringen.
Wie erwartet führte mich das Los in der ersten Runde gegen Alexander Müller (16.der Setzrangliste, DWZ: 2057, ELO:1908). Da ich keine großen Risiken eingehen wollte, eröffnete ich die Partie ruhig mit 1.g3. In einer zunächst ausgeglichenen Stellung übersah mein Gegner einen relativ einfachen Qualitätsgewinn. Mit diesem Materialvorteil im Gepäck stand ich nun klar auf Gewinn, und obwohl ich nicht sonderlich präzise spielte, und meinem Gegner unnötigerweise noch Remischancen gab, konnte ich die Partie letztlich gewinnen.
Am Nachmittag hatte ich gegen Aron Moritz (11. der Setzrangliste, DWZ: 2106, ELO: 2094) anzutreten. In der Modernen Verteidigung opferte ich früh einen Bauern für aktives Figurenspiel und Entwicklungsvorsprung. Allerdings fand mein Gegner die richtige Erwiderung, er gab den Bauern freiwillig zurück, um seine eigene Entwicklung zu beenden. Die entstehende Stellung befand sich ungefähr im Gleichgewicht, als mein Gegner durch eine simple Bauerngabel eine Figur einstellte. Die Stellung war für mich nun klar gewonnen, sodass mein Gegner einige Züge nach seinem Einsteller aufgab.
Am Montag fand keine Doppelrunde statt, sodass der Vormittag für die Vorbereitung auf meine Partie gegen Sebastian Kaphle (8. der Setzrangliste, DWZ:2148, ELO: 2171) genutzt werden konnte. Ich eröffnete mit 1.d4, mein Gegner erwiderte mit der Benoni-Verteidigung, und es kam genau die Variante aufs Brett, die mein Trainer Michael Prusikin mir bei der Vorbereitung gezeigt hatte. Nachdem ich schon aus der Eröffnung heraus, großen Zeitvorteil einheimsen konnte, gewann ich einen wichtigen Bauern. Das entstehende Endspiel wäre wahrscheinlich noch schwer zu gewinnen gewesen, doch mein Gegner übersah ein trickreiches Läufermanöver, durch das er einen zweiten Bauern geben musste. Mit zwei Minusbauern und einer aussichtlosen Stellung gab er auf. Mit 3 Punkten aus 3 Partien hatte ich mir eine gute Ausgangsposition erarbeitet, und musste nun am Dienstag mit Schwarz gegen Wiede Friedrich (6. der Setzrangliste, DWZ:2157, ELO:2193) antreten. Ich wählte eine scharfe Eröffnungsvariante mit Bauernopfer, mein Gegner opferte den Bauern jedoch wieder zurück. In sehr unklarer Stellung wickelte mein Gegner ungünstig in eine Stellung ab, in der er einen Turm und zwei Bauern gegen zwei Leichtfiguren hatte. Trotz dieses leichten Materialnachteils fühlte ich mich in meiner Stellung sehr wohl, da ich mit allen Figuren einen Königsangriff einleiten konnte. Nach einem Fehler meines Gegners in bereits schlechter Stellung konnte ich per Läuferopfer auf g2 einen Mattangriff starten, den mein Gegner nur durch Damenopfer hätte aufhalten können. In der Partie ließ er sich netterweise mattsetzen.
Nachmittags spielte ich gegen Hans Möhn (14. der Setzrangliste, DWZ: 2088, ELO: 2033). Zeit für die Vorbereitung hatte ich nicht, da in der Vormittagsrunde eine Partie 120 Züge dauerte, und die Paarungen daher erst 20 Minuten vor Rundenbeginn feststanden. Spontan entschied ich mich für 1.e4 und es entstand die Sizilianische Verteidigung. Mein Gegner opferte seinen g-Bauern für gute Kompensation und bot mir wenig später Remis an. Ich wollte schon annehmen, als ich eine interessante taktische Möglichkeit entdeckte, mit der ich eine Stellung herbeiführen konnte, in der ich 2 Türme und 1 Bauer gegen 3 Leichtfiguren hatte. Obwohl ich immer etwas besser stand, war die Stellung sehr kompliziert. Erst in beidseitiger Zeitnot gelang es mir, per Qualitätsopfer in ein Endspiel abzuwickeln, in dem sich mein g-Freibauer als zu stark erwies. Nachdem ich diesen Freibauern in eine Dame umgewandelt hatte, gab mein Gegner auf.
Am nächsten Tag spielte ich gegen Christopher Noe (17. der Setzrangliste, DWZ:2051, ELO:1998), der zwar aufgrund seiner relativ niedrigen Zahl nicht zum Favoritenkreis zählte, jedoch nach einem Auftaktremis eine beeindruckende Serie von vier Siegen hingelegt hatte. In dieser Partie gab mir sein Gegner schnell zu erkennen, dass er nur auf ein Remis aus war. Bei symmetrischer Bauernstruktur stand ich immer etwas aktiver, allerdings beging ich eine Ungenauigkeit, nach der mein Gegner das Spiel ausgleichen konnte. Es folgte ein Remisangebot, welches ich angesichts des guten Turnierstands(ein halber Punkt Vorsprung) annahm.
Es folgte in der 7. Runde das Spitzenspiel gegen Dennis Wagner (2. der Setzliste, DWZ:2252, ELO:2240), auf den ich einen Punkt Vorsprung hatte. Dennis ist erst 13 Jahre alt und gehört zu den talentiertesten Jugendspielern Deutschlands, weswegen er auch den Freiplatz für eine höhere Altersklasse erhielt. Da ich damit gerechnet hatte, dass Wolga-Gambit aufs Brett kommt, war ich etwas geschockt, als mein Gegner mir 1.d4 d5 vorsetzte. Irgendwie war ich an diesem Tag nicht in Bestform, denn ich behandelte die Eröffnung sehr unambitioniert, geriet schnell in ein schlechtes Endspiel und verlor einen Bauern. Die entstandene Stellung, in der mein Gegner zwei verbundene Freibauern hatte, war so schlecht für mich, dass mein Gegner die Stellung sogar nach einem Qualitätseinsteller noch relativ locker gewinnen konnte. Nach dieser Partie hatte neben Dennis auch noch Christopher Noe zu mir an die Spitze aufgeschlossen, sodass klar war, dass ich wahrscheinlich beide folgenden Partien gewinnen musste, um mir den Titel zu sichern.
In der 8. Runde wurde ich nun gegen Constantin Göbel (4. der Setzliste, DWZ:2182, ELO:2148) gelost, eine unangenehme Paarung, da ich in der Vorbereitung feststellte, dass mein Gegner mit Weiß sehr solide Eröffnungen spielt, was ungünstig war, da ich ja unbedingt gewinnen musste. Allerdings hatte mein Gegner keinen guten Tag erwischt, da er die Eröffnung sehr unambitioniert behandelte, und ich bereits aus der Eröffnung heraus besser stand. Mein Gegner übersah auch noch eine Abwicklung, bei der ich zwei Leichtfiguren gegen einen Turm gewinnen konnte. Als mein Gegner dann auch noch einen wichtigen Bauern verlieren musste, gab er auf. Allerdings konnten auch meine beiden Konkurrenten um den Titel ihre Partien gewinnen. Trotzdem war klar, dass ich im Falle eines Sieges aufgrund meiner guten Buchholz-Wertung sicher deutscher Meister sein würde.
Damit war das Konzept für meine Schwarzpartie gegen Johannes Carow (3. der Setzliste, DWZ:2199, ELO:2171) klar: Ich wollte eine möglichst scharfe Stellung mit entgegengesetzten Rochaden anstreben, um meinen Gegner zu Fehlern zu verleiten. Dieses Konzept ging aber nicht auf, da mein Gegner nicht wie sonst auf Königsangriff spielte, sondern früh die Damen tauschte. Die entstehende Position war ausgeglichen, und da Dennis am Nebenbrett bereits früh gewonnen hatte, schienen die Träume vom Titel zunächst begraben. Doch mein Gegner fabrizierte einige seltsame Manöver, sodass ich in Vorteil kommen, und in der Zeitnotphase einen Bauern gewinnen konnte. Nachdem mein Gegner eine Remismöglichkeit übersehen hatte, konnte ich die Türme tauschen, und mit dem König in die gegnerische Stellung eindringen. Nachdem ich eine Figur gewonnen hatte, gab mein Gegner auf, und ich war Deutscher Meister!
Herzlich bedanken möchte ich mich natürlich bei allen Gratulanten und Gratulantinnen, bei meinem Trainer Michael Prusikin, ohne dessen Hilfe ich diesen großen Erfolg nicht geschafft hätte, und last but not least bei Udo, der sehr kurzfristig eine schöne, kleine Meisterfeier organisiert hat.“
Gegner von Léon Mons (DWZ 2302):
1:0 | Alexander Müller | (2057) | Cöthener FC |
1:0 | Moritz Aron | (2106) | SV Empor Erfurt |
1:0 | Sebastian Kaphle | (2148) | Post-SV Uelzen |
1:0 | Wiede Friedrich | (2157) | USV Potsdam |
1:0 | Hans Möhn | (2088) | SC Großröhrsdorf |
remis | Christopher Noe | (2051) | SC Eppingen |
0:1 | Dennis Wagner | (2252) | Kasseler SK |
1:0 | Constantin Göbel | (2182) | TSV Schott Mainz |
1:0 | Johannes Carow | (2199) | SF Heidesheim |
Gegner von Eduard Miller (DWZ 2157):
1:0 | Tobias Kügel | (2014) | Delmenhorster SK |
remis | Tran Duc Cuong | (2091) | LSV Turm Lippstadt |
0:1 | Hans Möhn | (2088) | SC Großröhrsdorf |
remis | Maximilian Neef | (2120) | USV TU Dresden |
remis | Jonas Hacker | (1925) | SG Büchenbach/Roth |
0:1 | Wiede Friedrich | (2157) | USV Potsdam |
1:0 | Eric Stövesand | (1895) | SG Eintracht Neubrandenburg |
0:1 | Nick Müller | (1917) | ESV Eberswalde |
0:1 | Alexander Müller | (2057) | Cöthener FC |