Vor fast 30 Jahren hat uns unser Gründungsmitglied Roland Schwab verlassen. Seitdem haben wir unseren früheren Spielleiter und Spieler der 1. Mannschaft etwas aus den Augen verloren. Es wird Zeit, mit dem Bruder unseres Ehrenmitgliedes Edgar Schwab ein ausführliches Interview zu führen. Darin spricht er von der Schachbegeisterung im Flüchtlingslager, von seiner ganz kleinen Rolle bei der Verselbständigung des Schachclub, und warum es früher schon einmal eine Brotzeit für den Einsatz am Brett gab. Außerdem erfahren wir mehr darüber, dass Roland Schwab einmal ein schweres Los zu tragen hatte – als Gewichtheber. Aber lest selbst…
Geboren sind Sie ja kurz nach Kriegsende im Dezember 1945 in Gurschdorf im Altvatergebirge. Wie kamen Sie denn nach Forchheim?
Unsere Familie wurde Anfang 1946 aus dem Sudetengebiet vertrieben. Wir kamen dann über Umwege ins fränkische Streitberg. Dort wurden wir in einem aufgelösten Wehrmachtslager an der Bahnstrecke einquartiert. An der Abzweigung, wo es zum Freibad und nach Niederfellendorf geht, standen einige Baracken. Hier wurde auch Edgar geboren. Er ist ja zwei Jahre jünger als ich. Erst 1956 kamen wir nach Forchheim-Nord, dass nach dem Zweiten Weltkrieg für Heimatvertriebene und Flüchtlinge hochgezogen worden war.
Wer hat Ihnen und Ihrem Bruder Edgar denn das Schachspiel beigebracht?
Wir haben es von unserem Vater Karl Schwab gelernt (1907-1967), der später auch in der Schachabteilung des VfB Forchheim am Brett saß. Bei schönem Wetter saßen einige Männer in Streitberg draußen vor den Baracken und grübelten über den Zügen. Wir sahen dann als Kinder zu. Unter den Schachenthusiasten waren auch Ludwig Bächle, Fritz Hübel, Strasser und Helfert. Mein Bruder Helmut spielte auch, war aber nie in einem Schachverein.
Die erste Berührung mit einem Schachverein kam aber erst viel später…
Das war Anfang der 70-er Jahre. Bis dahin hatten wir nur private Partien gespielt. Die Schule und die Berufsausbildung bei Siemens in Erlangen gingen vor. Gemeinsam mit Edgar lernte ich ab 1961 Werkzeugmacher. Während meines Maschinenbau-Studiums in Nürnberg und anschließend einige Semester Elektrotechnik in Erlangen hatte ich wenig Zeit für Schach.
Wo spielte denn die Schachabteilung des VfB Forchheim?
Wir trafen uns einmal wöchentlich, ich weiß nicht mehr, welcher Wochentag es war, Freitag aber nicht, weil da die Ligawettkämpfe abliefen. Wir hatten unser Domizil im Kolpinghaus, aber nicht im großen Saal im Erdgeschoss, sondern in Räumlichkeiten im 1. Stock. Der Eingang links vom Haupteingang führt heute in eine Tanzschule.
Mit dem Wechsel zur Schachabteilung der SpVgg Jahn Forchheim im Jahre 1972 gab es auch einen Wechsel des Spiellokals.
Ab da waren wir im kleinen Saal der Jahnhalle im 1. Stock. Wir blieben dort aber nur zwei Jahre, weil es Ärger mit dem Hauptverein gab, der uns übernehmen wollte. Das veranlasste unsere Vorstände, allen voran Abteilungsleiter Walter Hüttl, sich nach einer Alternative umzusehen. Wir wurden im Gasthaus „Zur Sonne“ in Buckenhofen fündig.
Neben den „offiziellen“ Spiellokalen gab es ja noch einige „inoffizielle“ Treffpunkte in der Stadt. Wo haben Sie überall die Figuren gezogen?
Das Zentrum war natürlich das Café Schmitt am Paradeplatz. Dort hat ja Christa, die spätere Frau meines Bruders Edgar, bedient. Hier konnten sie unter der Woche am Nachmittag alle Arten von Schachspielern antreffen. Einige wie Berthold Bartsch, Edgar Schwab, Klaus Driedger, Robert Weigel oder Alfred Balle sind ja aktuell auch noch im Schachclub. Rainer Stephan hatte öfters seine Freundin dabei. Helmut Stammler habe ich dort immer als äußerst angenehmen Spiel- und Gesprächspartner erlebt. Andere wie Eduard Spenger oder Karl Lohnert, beides Gründungsmitglieder des Schachclub Forchheim, sind ja bereits verstorben, oder wie Johann-Baptist Pieger und Christoph Lindner inzwischen bei der Schachabteilung des TSV Kirchehrenbach gelandet. Außerdem saß ich auch des öfteren im Parkcafé am Stadtpark. In der „Big Ben“-Kneipe in der Holzgasse war ich seltener.
Der Name Roland Schwab taucht Mitte der 70-er Jahre auch als Spieler des SC Waischenfeld auf. Wie kam es denn dazu?
Damals gab es in Bayern zwei Schachverbände, die sich gegenseitig Konkurrenz machten. Wir spielten da im Bayerischen Schachbund bei der Schachabteilung der SpVgg Jahn Forchheim und beim Schachverband Bayern in SC Waischenfeld. Berthold Bartsch, der ja selbst aus Muggendorf stammt, nur wenige Kilometer von Streitberg entfernt, hatte uns angesprochen. In Waischenfeld hatte der schachverrückte Pulvermüller Kaspar Bezold das Kommando. Nach den Wettkämpfen gab es für uns immer eine Brotzeit in der Pulvermühle. Wir spielten da meistens im Raum Fränkische Schweiz. Nur selten, wenn wir im SVB-Pokal aktiv waren, ging es mal in einen anderen Regierungsbezirk.
Eine kurze Zeit Mitte der 70-er Jahre gab es auch eine Spielgemeinschaft der Schachabteilungen des ATSV Forchheim und der SpVgg Jahn Forchheim. Die war sportlich sogar sehr erfolgreich…
Das war 1976, als wir den Bayerischen Pokal gewinnen konnten. Wir traten damals im Schachverband Bayern an. In unswerem Team waren die ATSV-ler Bogdan Ivanovski, Jörg Buchner (heute vereinslos), Wolfgang Müller (heute SV Bammersdorf), Fritz Späth (der Wirt des „Big Ben“), sowie die Jahn-ler Helmut Bartsch, Berthold Bartsch, Rainer Stephan, Hans Niedermaier, Edgar Schwab und Alfred Balle.
Im Jahre 1977 trennten sich die Forchheimer Schachfreunde endgültig von den Großvereinen. Mit der Auflösung der Schachabteilung der SpVgg Jahn Forchheim entstand zugleich der eigenständige Schachclub Forchheim. Welche Rolle haben Sie dabei gespielt?
Meiner Erinnerung nach nur eine ganz kleine. Ich war zwar mit zwei anderen in der Interims-Vorstandschaft, die die Gründung vorbereiten sollte. Die Motoren waren aber Helmut Bartsch und Walter Hüttl. Der eine Lehrer, der andere Finanzbeamter, die sich um die organisatorischen und rechtlichen Dinge, wie eine Satzung und Einladungen, kümmerten.
In den Annalen des SC Forchheim findet sich der Hinweis, dass Sie 1977-79 und 1983-85 auch Spielleiter waren…
Daran kann ich mich gar nicht erinnern. Viel zu tun gab es jedenfalls in der Gründerzeit nicht. Eine Vereinsmeisterschaft gab es erst in der zweiten Saison 1978/79, dann auch nur in einer Gruppe, und andere größeren Spielbetrieb gab es in der Rückschau meines Wissens nicht.
In den ersten Jahren waren Sie ja Stammspieler der ersten Mannschaft…
Wir hatten damals ja auch nur eine. Erst 1978/79 kam ein zweites Team hinzu. Weil einige nicht zum Zuge kamen, verließen sie den Verein. Christoph Lindner beispielsweise gründete die Schachabteilung des SV Bammersdorf mit und wurde dort in den Anfangsjahren mehrfacher Vereinsmeister. Ich kann mich noch an eine für mich schlimme Saison erinnern, als ich am Spitzenbrett der in der Bezirksliga 1 alle Partien verloren habe. Aber nur, weil andere, die eigentlich stärker waren als ich, sich nicht dorthin getraut hatten. Und dann denke ich immer noch an Gerold Jellinek. Der war Spieler der ersten Stunde, beim VfB Forchheim Schach-Abteilungsleiter und gleichfalls Gründungsmitglied. Er kam in jeder Partie in arge Zeitnot und verlor sehr viele Punkte durch Zeitüberschreitung. Dabei überlegte er stundenlang über einfachsten Zügen.
Es fällt auf, dass die 1. Vorsitzenden des Schachclub Forchheim sehr oft wechselten. Zuweilen auch vor Ende der regulären Wahlperiode.
Unser Gründungsvorsitzender Helmut Bartsch musste wegen einer schweren Operation sein Amt abgeben und wurde 1979 von Hans Niedermaier abgelöst. Der bekam dann die Chance, beim SC 1868 Bamberg in der Schach-Bundesliga anzutreten und reichte die Funktion 1980 wieder an Helmut Bartsch zurück. Schließlich musste Walter Hüttl 1982 kommissarisch an die Spitze, nachdem Helmut Bartsch aus beruflichen und privaten Gründen die Aufgabe nicht mehr ausfüllen konnte. Walter Hüttl blieb nach einer Wiederwahl 1983 bis 1985 regulär im Amt. Und danach begann die Ära Berthold Bartsch. Aber da war ich bereits in Zirndorf.
Gibt es Dinge jenseits des Schachbrettes, an die Sie sich besonders erinnern?
Früher hatten wir im Sommer öfters die Saisonabschlussfeier in der Bergwacht-Hütte an der Stempfermühle. Da hatte Berthold Bartschs Frau Astrid mal ein Gulasch für alle Schachfreunde gekocht. So gut hat vorher und nachher keiner mehr geschmeckt.
Sie waren bis 1985 Mitglied beim SC Forchheim. Wie kam es zum Wechsel zum SK Zirndorf?
Schon 1977 bin ich von Forchheim nach Zirndorf umgezogen. Bis 1985 habe ich dann noch in Forchheim Schach gespielt, weil ich das mit dem Besuch bei der Familie, besonders meiner Mutter und meinem Bruder Edgar verbinden konnte. Als ich 1985 dann ein Haus gekauft habe, blieb immer weniger Zeit und ich habe mich hier vor Ort umgesehen.
Seither sind Sie in Zirndorf ein verlässlicher Ligaspieler, zuerst in der 3. Mannschaft, die Kreisliga 1 spielte. Später aushilfsweise auch zwei Jahre in der 4. Mannschaft (Kreisliga 2).
Derzeit ist es die 2. Mannschaft, weil wir immer weniger Aktive haben. Der SK Zirndorf ist völlig überaltert, und es werden aus gesundheitlichen Gründen immer weniger. Seit dem ich vor vier Jahren in den Ruhestand gegangen bin, habe ich als Kapitän der 2. Mannschaft auch wieder ein Amt übernommen.
Während Ihrer Forchheimer Zeit hatten Sie ja ein für Schachspieler äußerst ungewöhnliches zweites Hobby – als Gewichtheber…
Das war schon etwas mehr als ein Hobby. Ich habe das, heute würde man sagen, semi-professionell betrieben. Das war in den 60-er und 70-er Jahren bei AC Bavaria Forchheim. Wir trainierten im Saal des Gasthauses „Kronengarten“ in der Bamberger Straße. Oben auf der Bühne waren wir Gewichtheber, unten im Parkett die Ringer.
Hatten Sie da auch sportliche Erfolge zu verzeichnen?
Als Jugendlicher gelangen mir der Gewinn der Nürnberger Stadtmeisterschaft 1963 und einige Plazierungen bei den Bayerischen Jugendmeisterschaften in den folgenden Jahren. 1976 wurde ich bei den Erwachsenen noch einmal Forchheimer Stadtmeister, später aber machte die Gesundheit nicht mehr mit, und ich musste das Gewichtheben aufgeben.
Und was spielt heute in der Freizeit neben dem Schach noch eine Rolle?
Ich bin seit Jahren begeisterter Bergwanderer, kein Bergsteiger. Außerdem unternehme ich Radtouren und betreibe etwas Fitness-Sport.
Herzlichen Dank für das Gespräch.