Die Rückschau in die Erstliga-Saison 2002/2003 geht in die letzten Runden. Heute mit den Wettkämpfen gegen den späteren Meister SC Baden-Oos und die „schlagbaren“ Stuttgarter SF. Besonders eindrücklich für mich waren zwei Jirovsky-Endspiele mit ungleichfarbigen Läufern, die unser Spieler mit viel Witz und Originalität gewinnen konnte. Eindrucksvoll auch die stundenlangen Analysen zwischen Heidrich und Hübner, die allen Verästelungen der Holländischen Eröffnung bis ins Endspiel nachspürten. Aber lest selbst nach:
In der 6. Runde der 1. Bundesliga gegen das Schlusslicht SF 1879 Stuttgart verlor der SC Forchheim unglücklich mit 3,5:4,5 und hat damit die Rote Laterne der Liga übernommen. Das Team von FM Berthold Bartsch hatte gleich zu Beginn mit drei unnötigen und allzu schnell aufgetretenen Verlusten zu kämpfen, wovon man sich, trotz einiger Klasseleistungen nicht mehr erholen konnte. Star des Wochenendes war sicherlich IM Milos Jirovsky, der mit den Erfolgen gegen GM Rustem Dautov (ELO 2617) und GM Mihail Golubev (2528) zielstrebig auf eine Großmeister-Norm hinstrebt. Wermutstropfen ist jedoch die Tatsache, dass der SC Forchheim damit erneut eine wichtige Chance zum Punktgewinn hat verstreichen lassen, und damit wohl kaum noch Chancen auf den Klassenerhalt bestehen, zumal die „noch schlagbaren Gegner“ Erfurter SK oder SK König Plauen nominell noch stärker besetzt sind als die Stuttgarter und nur mit dem finanziell bedingten Rückzug eines Vereines zu rechnen sein wird. Außerdem haben die direkten Abstiegskonkurrenten aus Sachsen und Thüringen an diesem Wochenende gepunktet, so dass das rettende Ufer drei Zähler entfernt liegt.
Am Spitzenbrett stand IM Michael Prusikhin gegen den Deutschen Meister von 1998, GM Jörg Hickl, der zur Überraschung aller nun doch noch sein Saisondebüt im deutschen Oberhaus absolvierte, lange Zeit etwas im Nachteil, doch in einer heftigen Zeitnotschlacht, in der beide akut vom Partieverlust bedroht waren, schaffte IM Prusikhin die Wendung zum Ausgleich und zum Unentschieden. Am 2. Brett hatte GM Vlastimil Jansa gegen den noch titellosen Rainer Buhmann zunächst größere positionelle Vorteile, die sich allerdings, auf Grund gewissenhaften Spiels des Stuttgarters und nachlässigen Agierens des vor kurzem 60 Jahre gewordenen Pragers, immer weiter minimierten. Schließlich einigten sich beide nach einer im ausge-glichenen Turm-Endspiel auf das Remis. Am 3. Brett überzeugte einmal mehr IM Milos Jirovsky gegen den Ukrainer GM Mihail Golubev durch einen Sieg. Der Tscheche, der mit den schwarzen Steinen zu Beginn des Matches den Ansturm des 32-jährigen Gegners abzuwehren hatte und dies ausgezeichnet absolvierte, konterte im Mittelspiel und erreichte Initiative, die sich zuletzt auch im Material (Mehrbauer) auszahlte. Nach dem Turm-Tausch kam es zu einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern. Wie bereits am Vortag ließ der Koliner dem Großmeister durch geschickte Manöver und Dank der Bauernschwächen seines Gegners diesen nicht mehr ins Spiel zurückkommen.
Am 4. Brett musste FM Manfred Heidrich gegen den Schweizer IM Florian Jenni schon in der Eröffnung die Segel streichen. Nach der Schwächung der h1-a8-Diagonale drohte der baldige Großmeister, der wie auch IM Prusikhin in der Schweizer Nationalliga A aktiv ist, mit Gewinn die fragile Stellung des Forchheimers zu überrennen. So gab FM Heidrich, der am Vortag noch glänzend agiert hatte, schon nach etwa einer Stunde seine Partie verloren. Am 5. Brett eröffnete FM Berthold Bartsch Sizilianisch, eine seiner stärksten Eröffnungen, verpasste jedoch den stellungsmäßigen Ausgleich und sah sich bald darauf einem massiven Schwerfiguren-Angriff des Stuttgarters ausgesetzt, der die Felderschwächen konsequent nutze, um entweder Matt zu setzen oder einen Turm zu erobern. In dieser Lage blieb dem Forchheimer Mannschaftskapitän nur mehr die Aufgabe.
Am 6. Brett hatte Hans-Jürgen Döres gegen IM Dimitrij Bunzmann in nur 27 Zügen keinerlei Chance. Bunzmann attackierte am Damenflügel und gewann dort einen Turm, den sich Doeres nur Dank eines waghalsigen Gegenangriffes wiederholen konnte. Damit fehlte ihm allerdings seine Dame zur Verteidigung, was letztlich unweigerlich zum Matt geführt hätte. Am 7. Brett traf Jörn Bade auf einen alten Bekannten aus dem DDR-Jugendschach, FM Thomas Heinatz. Der Ex-Ehemann der vormaligen SC-Spitzenspielerin WIM Dr. Gundula Heinatz spielte von Anfang an mit dem Ziel eines mannschaftsdienlichen Remis. Was auch immer Bade versuchte, um die Partie vorteilhaft zu gestalten, der selten spielende FM Heinatz glich stets aus. Am Schlussbrett gelang Stefan Lang gegen FM Wolfgang Schmid sein erster Bundesliga-Sieg. Mit den weißen Steinen attackierte Lang vom ersten Zug an die Stellung des Gegners, der mit einigen ungenauen Zügen seine Lage noch verschlechterte. Schließlich startete der Landesliga-Akteur des SC Forchheim einen unwiderstehlichen Mattangriff, der nach kurzer Gegenwehr auch zum Erfolg führte.
SC Forchheim | – SF 1879 Stuttgart | 3,5:4,5 | ||
IM Prusikhin | (2504) | – GM Hickl | (2605) | remis |
GM Jansa | (2500) | – Buhmann | (2527) | remis |
IM Jirovsky | (2457) | – GM Golubev | (2528) | 1:0 |
FM Heidrich | (2415) | – IM Jenni | (2483) | 0:1 |
FM Bartsch | (2320) | – IM Duppel | (2440) | 0:1 |
Döres | (2271) | – IM Bunzmann | (2498) | 0:1 |
Bade | (2267) | – FM Heinatz | (2315) | remis |
Lang | (2225) | – FM Schmid | (2202) | 1:0 |
SC Baden-Oos | – SC Forchheim | 5,5:2,5 | ||
GM Svidler | (2690) | – IM Prusikhin | (2504) | 1:0 |
GM Krasenkov | (2662) | – GM Jansa | (2500) | 1:0 |
GM Dautov | (2617) | – IM Jirovsky | (2457) | 0:1 |
GM Dr. Hübner | (2634) | – FM Heidrich | (2415) | remis |
IM Döttling | (2527) | – FM Bartsch | (2320) | remis |
IM Schenk | (2477) | – Döres | (2271) | remis |
GM Schlosser | (2534) | – Bade | (2267) | 1:0 |
GM Keitlinghaus | (2500) | – Lang | (2225) | 1:0 |