Erstklassige Berichte Teil 1

Johannes Zwanzger

Wie der aufmerksame Leser sicherlich schon bemerkt hat, veröffentliche ich ab und zu auch Historisches aus unserer Vereinsgeschichte. Der Blick zurück gehört für mich immer dazu. Deshalb gibt es in loser Folge aus meinem Archiv Berichte und Fotos zur Schach-Bundesliga 2002/2003, in der wir als Außenseiter mitmischen durften. Die Texte sind original und die Fotos noch mit meiner ersten kleinen Digital-Kamera aufgenommen. Seid also in Sachen Qualität nicht zu streng. Zudem sind die Artikel nicht chronologisch, sondern zufällig angereiht. Wie es uns gegen Emsdetten und Bremen erging, könnt Ihr hier lesen:

8. Spieltag gegen SK Turm Emsdetten:

Peter-Heine Nielsen – Michael Prusikhin

Am 8. Spieltag der 1. Bundesliga in Bad Wiessee am Tegernsee erlitt der SC Forchheim gegen den Aufsteiger SK Turm Emsdetten eine knappe 3:5 Niederlage. Dabei war das Team aus dem Münsterland ohne mehrere Spitzenspieler nach Oberbayern angereist. Die ungarische Weltklassespielerin GM Judit Polgar nahm zeitgleich im niederländischen Wijk aan Zee am Meisterturnier teil, während der für Holland startende GM Sergei Tiviakov ein Open im spanischen Sevilla bestritt. Auch der Spanier GM Francisco Vallejo Pons und die Schwedin WGM Pia Cramling fehlten im Aufgebot. Und so konnte der SC Forchheim in Bestbesetzung das Duell lange Zeit ausgeglichen gestalten. Beim Zwischenstand von 1,5:1,5 schien die Mannschaft von FM Berthold Bartsch sogar leichte Vorteile zu haben, da GM Vlastimil Jansa am 2. Brett und Hans-Jürgen Döres am Schlußbrett bessere Stellungen sich erarbeitet hatten. Doch Hans-Jürgen Döres verpasste nach einem Springeropfer die beste Fortsetzung und musste mit weniger Material im Endspiel sogar die Segel streichen.

Manfred Heidrich – Zhaoqin Peng

Am Spitzenbrett lieferten sich IM Michael Prusikhin und der Däne GM Peter-Heine Nielsen, in der vorherigen Woche Sieger beim Schachkongress in Hastings, einen heftigen Schlagabtausch. Mit den schwarzen Steinen eroberte IM Prusikhin zuerst eine Qualität, sah sich in der Folge allerdings dem gefährlichen Angriffsspiel seines Gegners ausgesetzt. In einer turbulenten Zeitnotschlacht bot GM Nielsen, der spätestens seit dem Gewinn der Brettwertung bei der Deutschen Blitzschach-Mannschaftsmeisterschaft 2002, übrigens mit 23,5 Punkten aus 25 Partien am Spitzenbrett, als brandgefährlicher „Blitzer“ gilt, dem Forchheimer schließlich das Unentschieden an, das dieser ohne Zögern akzeptierte.

Vlastimil Jansa – Aleksandar Berelovich

Am 2. Brett hatte GM Vlastimil Jansa gegen den Ukrainer GM Aleksandar Berelovich von Beginn an Stellungsvorteile, die er im Mittelspiel in einen Bauerngewinn, wenn auch einen Doppelbauern, ummünzen konnte. Im Turmendspiel vereinfachte der Prager das Spiel und aktivierte seinen König rechtzeitig, um schließlich mittels eines Bauernopfers einen zweiten und nicht mehr aufzuhaltenden Freibauern zu erhalten. Mit nur noch wenigen Sekunden Bedenkzeit auf der Uhr gab der Emsdettener letztlich auf.

Nicolai V. Pedersen – Milos Jirovsky

Am 3. Brett konnte IM Milos Jirovsky mit den schwarzen Steinen sein Match gegen den Dänen Nicolai Vesterbaeck Pedersen ständig in der Remisbreite halten. Dank mehrerer Partien gleichen Typs, die er bereits früher u. a. gegen GM Volkov gespielt hatte, ging er allen Fallstricken geschickt aus dem Weg. Am 4. Brett hatte es FM Manfred Heidrich mit der gebürtigen Chinesin Zhaoqin Peng zu tun. Gegen die für die Niederlande startende Spielerin ging der Forchheimer auf Nummer sicher und überführte nach dem Tausch beider Türme die Partie in das ausgeglichene Endspiel über.

Martin Zumsande – Berthold Bartsch

Am 5. Brett erlitt FM Berthold Bartsch gegen den glänzend aufgelegten Martin Zumande eine weitere Niederlage. Ohne seinen Damenflügel zu entwickeln, attackierte FM Bartsch die Königsstellung des Gegners. Nach einem geschickten Springerzug des Emsdetteners sah sich der Forchheimer plötzlich mehreren nicht mehr zu parierenden Drohungen ausgesetzt, die seiner eigenen Königsverteidigung hart zusetzten. Letztlich fehlte FM Bartsch ein Tempo, um zu Gegenspiel zu kommen, während Zumsande mit allen Schwerfiguren die Offensive suchte und ein Mattnetz wob, aus dem sich der Forchheimer nicht mehr zu befreien vermochte.

Marijn van Delft – Hans Niedermaier

Am 6. Brett einigten sich Johannes Zwanzger und FM Christian Richter im Turm-Endspiel auf Remis, obwohl der Forchheimer nach Meinung der Beobachter vorteilhafter gestanden hatte. Doch in der anschließenden Analyse wurde kein eindeutiger Gewinnweg gefunden. Am 7. Brett geriet FM Hans Niedermaier gegen den Niederländer Marijn van Delft in der Sizilianischen Eröffnung mit den schwarzen Steinen heftig unter Druck, kam zu keiner Rochade und verlor einen Bauern am Königsflügel. In der Folge brach die Königsverteidigung komplett zusammen, während das angedachte Gegenspiel vom Emsdettener geschickt unterbunden wurde, so dass der Forchheimer schließlich aufgeben musste. Am Schlussbrett erarbeitete sich Hans-Jürgen Döres gegen den Holländer Lucien van Beek eine positionell sehr vorteilhafte Stellung und opferte für einen Angriff einen Springer. Leider fand der Forchheimer nicht die beste Zugfolge, was im Endspiel unweigerlich zur Kapitulation führen musste.

SC Forchheim

– SK Turm Emsdetten

3:5
IM Prusikhin

(2509)

– GM Nielsen

(2620)

remis
GM Jansa

(2504)

– GM Berelovich

(2541)

1:0
IM Jirovsky

(2457)

– N. V. Pedersen

(2495)

remis
FM Heidrich

(2415)

– WGM Peng

(2443)

remis
FM Bartsch

(2318)

– Zumsande

(2374)

0:1
Zwanzger

(2281)

– FM Richter

(2333)

remis
FM Niedermaier

(2253)

– Van Delft

(2341)

0:1
Döres

(2271)

– Van Beek

(2341)

0:1

9. Spieltag gegen den SV Werder Bremen:

Michael Prusikhin – Vlastimil Babula

Am 9. Spieltag der 1. Bundesliga erlitt der SC Forch-heim in Bad Wiessee am Tegernsee eine schmerzliche 1,5:6,5 Niederlage gegen den Tabellendritten SV Werder Bremen. Ohne den Tschechen GM Zbynek Hracek, der kurzfristig erkrankt war und ohne den Dänen GM Lars Schandorff, der planmäßig pausierte, nahmen die Hanseaten von Anfang an das Heft fest in die Hand und hatten nach vier Stunden bereits den Gesamtsieg sichergestellt. IM Milos Jirovsky, der mit seinem Sieg gegen den Schweizer GM Yannick Pelletier weiter auf die Großmeister-Norm zusteuert, und IM Michael Prusikhin, der am Spitzenbrett ein Remis erreichte, konnten Punkte einfahren.

Milos Jirovsky – Yannick Pelletier

Am Spitzenbrett trennten sich IM Michael Prusikhin und der Tscheche GM Vlastimil Babula in ausgeglichener Stellung unentschieden. Dabei hatte der Bremer im Turmendspiel zwar einen Freibauern, doch dieser war technisch nicht zu verwandeln. Am 2. Brett agierte GM Vlastimil Jansa gegen den 18-jährigen Ex-Jugendweltmeister GM Luke James Mac Shane aus England zu Beginn allzu passiv, erspielte sich durch geschickte taktische Manöver große Vorteile, bis er im Endspiel den falschen Bauernzug ausführte, der letztlich die Niederlage einläutete. Am 3. Brett erspielte sich IM Milos Jirovsky gegen den Schweizer GM Yannick Pelletier im Endspiel eine Qualität, opferte für aktives Spiel auch noch zwei Bauern und nutzte den auftretenden Zugzwang zum endgültigen Erfolg.

Luke Mac Shane – Vlastimil Jansa

Am 4. Brett wurde FM Manfred Heidrich gegen den Eidgenossen GM Joseph Gallagher Opfer seiner schwachen Königsverteidigung und der Angriffslust des Bremers, der einen Läufer opferte und in der Folge den Forchheimer zwei Bauern entführte und trotz heftigen Widerstandes ins gewonnene Turm-Endspiel einleitete. Am 5. Brett musste sich FM Berthold Bartsch dem mehrfachen DDR-Meister GM Rainer Knaak geschlagen geben. Zwar hatte FM Bartsch im Mittelspiel eine Qualität erobert, doch die passivere Stellung und das gegnerische Läuferpaar gegen sich. Schließlich musste der SC-Teamchef mit allzu ungeschütztem König die Attacken des Kontrahenten über sich ergehen lassen. Die Aufgabe war nur konsequent.

Berthold Bartsch – Rainer Knaak

Am 6. Brett stand Johannes Zwanzger gegen Sven Joachim zeitweise auf Verlust, nachdem er nicht nur zwei Bauern weniger, sondern auch die schlechtere Stellung hatte. Dennoch hätte das Turm-Endspiel noch Remis enden müssen, hätte nicht Zwanzger einige Sekunden zu lange die Zugfolgen berechnet. So hatte er das Pech, im 40. Zug die Bedenkzeit zu überschreiten und die Partie auf Zeit zu verlieren. Am 7. Brett hatte FM Hans Niedermaier gegen IM Gerlef Meins die schlechtere Königsstellung und hätte mit einem Tempo mehr die Rochade durchführen und das Spiel sicher gewinnen können, doch der Bremer ließ derlei Rettungsmanöver nicht zu und schnürte den Forchheimer geschickt ein.

Hans Niedermaier – Gerlef Meins

So dauerte es auch nicht mehr allzu lange, bis IM Meins, trotz verzweifelter Befreiungsversuche seines Gegners, das Ende im Turm-Endspiel mit zwei Mehrbauern herbeiführte. Am Schlussbrett eröffnete Hans-Jürgen Döres gegen den gebürtigen Usbeken Jacob Heissler ungewohnt und gab einen Bauern hin, allerdings ohne entsprechendes Gegenspiel entfalten zu können. In der Folge verlor er die Qualität und versuchte im Endspiel mit dem Läuferpaar noch zum Ausgleich zu kommen, was jedoch misslang.

SC Forchheim

– SV Werder Bremen

1,5:6,5
IM Prusikhin

(2509)

– GM Babula

(2584)

remis
GM Jansa

(2504)

– GM MacShane

(2544)

0:1
IM Jirovsky

(2457)

– GM Pelletier

(2571)

1:0
FM Heidrich

(2415)

– GM Gallagher

(2517)

0:1
FM Bartsch

(2318)

– GM Knaak

(2471)

0:1
Zwanzger

(2281)

– Joachim

(2471)

0:1
FM Niedermaier

(2253)

– IM Meins

(2416)

0:1
Döres

(2271)

– Heissler

(2455)

0:1