Seit einigen Jahren sehen wir unser früheres Mitglied Benno Barthelmann wieder live am Brett. Als Teilnehmer unseres Sparkassen-Open nutzt unser er die Gelegenheit, seine alte Heimat zu besuchen. Nun hat Benno, der viele Jahre in unserer 1. Mannschaft spielte, und den es beruflich an den Bodensee gezogen hat, vor Kurzem seinen 50. Geburtstag feiern können. Herzlichen Glückwunsch! Aus diesem Anlass habe ich ein längeres Interview mit ihm geführt und dabei auch festgestellt, dass Benno Barthelmann gar kein Gründungsmitglied war, jedenfalls kein offizielles. Aber lest selbst:
In der Chronik des Schachclub Forchheim, die ich 2002 herausgegeben habe, steht ja, dass Du mit dem Schach bei der SpVgg Jahn Forchheim begonnen hast…
Das war ein Missverständnis. Ich war damals beim Jahn, aber in der Leichtathletik-Abteilung. Zusammen mit meinem älteren Bruder Klaus. Von dort bin ich dann folgerichtig zum Schach gekommen, aber dann gleich zum selbständigen SC Forchheim.
Und wie kam es dann dazu?
Ich war 14 Jahre alt und quasi „hobbylos“, als ich aus der Zeitung von der geplanten Gründung des Schachclubs erfuhr. Die sollte im Gasthaus „Zur Sonne“ in Buckenhofen stattfinden, nur wenige Straßen von meinem Elternhaus entfernt, wo man uns auch sehr gut kannte. Das war für uns sehr praktisch. Das erste Mal hat mich mein Vater begleitet, dann bin ich alleine hin, bis ich meinen älteren Bruder überreden konnte. Und so kam der dann auch in den SC Forchheim. Von Beginn an war er aber der bessere Schachspieler, was bin heute so geblieben ist.
Wenn meine Informationen stimmen, warst Du bei der Gründung des Schachclub Forchheim im Juli 1977 dabei.
Das stimmt, und auch wieder nicht so ganz. Ich war bei der Gründungsversammlung am 1. Juli 1977 im Gasthaus „Zur Sonne“ zwar anwesend, aber nur als Gast in Begleitung meines Vaters Lorenz. Ich war noch kein Mitglied und somit auch an der Gründung nicht beteiligt. Einige Wochen später bin ich dann dazugestoßen.
Hast Du das Schachspiel zu Hause gelernt, von Freunden oder in der Schule?
Meine Eltern haben an den Wochenenden nach dem Kaffee oft eine Partie Schach gespielt. Da haben Klaus und ich schon als Kinder zugeschaut. Wir haben dann auch selbst angefangen. Als wir dann in den Schachverein kamen, waren wir keine Anfänger mehr, sondern konnten gleich ganz gut mithalten.
Gleich zu Beginn hatte der SC Forchheim auch eine Jugend-Mannschaft gemeldet. Die spielte in der Kreisliga 1. Hast Du daran noch konkrete Erinnerungen?
Da spielten natürlich mein Bruder und ich, und mein Schulkollege Thomas Frank mit seinem Bruder Christian, der heute Metzgermeister in Forchheim ist. Außerdem noch Markus Schattulat und Frank Stössel. Ein Jahr später kam dann noch Jürgen Barthelmann hinzu, der mit mir aber nicht verwandt ist. Wir spielten zu Beginn in der untersten Jugend-Liga, stiegen aber bald in die Bezirksliga auf.
Ein Jahr später gab es einige Veränderungen im Team…
Da entstand eine schlagkräftige Truppe um die beiden Barthelmänner, den inzwischen leider verstorbenen Markus Schattulat, Stephan Neubauer, mit dem ich seit der 1. Klasse Grundschule befreundet bin, und Katrin Niedermaier, Hans Niedermaiers jüngere Schwester. Noch ein Jahr später erinnere ich mich an Konni Scheller und Volker Willy.
Du wurdest dann ja für eine Wahlperiode (1981-83) Jugendleiter. Da warst Du anfangs selbst ja erst 18 Jahre. Wieso fiel die Wahl auf Dich?
Damals war es personell nicht besonders gut um den Schachclub bestellt. Es fehlten Ehrenamtliche und „Freiwillige“ für Vereinsaufgaben. Wir fanden dann eine Rotationslösung mit mir, Christian Klumm und Stefan Lang, bei der ich allerdings die meiste Arbeit machte. Dabei war ich zu dieser Zeit noch als Wehrdienstleistender bei der Bundeswehr und konnte mich nur am Wochenende um die Jugend kümmern, was damals aber nicht unüblich war.
Wie muss man sich das Jugendschach denn damals vorstellen?
Auf viel niedrigerem Niveau, zumindest quantitativ. Wir hatten etwa ein Dutzend Kinder und Jugendliche und nur ein Team. Offene Jugendturniere gab es praktisch gar nicht. Der Nachwuchs musste bei den Erwachsenen mitspielen. Unser Aushängeschild waren Klaus, oder Dieter Bauer, der aus der Schachabteilung der SpVgg Jahn Forchheim kam und zu meiner Zeit schon bei TB 1888 Erlangen spielte. Aus den niedrigklassigen Jugend-Mannschaften war er schon herausgewachsen. Bei den Kreis- und Bezirksmeisterschaften war er immer ein „heisser Kandidat“ für das Podest. TB Erlangen war zu der Zeit die Anlaufstation für gute Jugendspieler und Erwachsene. Klaus schaffte auch dieses Niveau und der Wechsel später zu TB war somit vorgezeichnet.
Nach Deiner Zeit als Jugendleiter wurdest Du auch einige Jahre (1985-1990) Spielleiter.
Roland Schwab, Gründungsmitglied und Bruder des jetzigen Schatzmeisters Edgar Schwab, war mein Vorgänger. Er zog 1985 nach Zirndorf und kam dem Schachclub als Mitglied und wichtiger Funktionär abhanden. Da wurde mein Name ins Gespräch gebracht. Wenn ich es nicht gemacht hätte, wäre diese wichtige ehrenamtliche Position nicht ausgefüllt worden. Ich hätte diese Aufgabe auch noch länger erledigt, zog dann aber selbst 1990 beruflich an den Bodensee.
Was hatte ein Spielleiter denn damals zu tun?
Ich organisierte, ganz ohne Internet, SMS oder E-Mail, den Spielbetrieb im Verein. Also die Vereinsmeisterschaft, Pokalturnier, Spaßturnier – wer drei Minuspunkte hat geht raus, die diversen Blitzturniere und alles, was uns so einfiel. Oft reichte es, am Spielabend eine Kreuztabelle zu nehmen und mit den Anwesenden einfach loszulegen. Die Turniere liefen reibungslos. Nur einmal musste ich einen Spieler wegen „Nichtspielens“ nullen.
Was ist Deiner Erfahrung nach der größte Unterschied zwischen dem damaligen und dem heutigen Vereinsleben?
Damals gab es noch eines, das den Namen auch verdient hat. Wer Schach spielen wollte, musste Freitags abends kommen. Das Internet gab es noch nicht. Wir hatte Anfang der 80-er Jahre zwar nur 30 Mitglieder, die waren aber fast alle da. Und wenn vor der Saison ein Terminplan ausgeteilt wurde, dann hielten sich alle peinlich genau daran.
Hast Du als Spielleiter auch die Teilnahme an Verbandsturnieren (Kreis, Bezirk, Bayern) organisiert und koordiniert?
Das haben die Spieler selbst gemacht. Sie wussten ja, wann die Wettbewerbe waren und haben dann selbst ein Team zusammengestellt. Es gab ja bei weitem nicht diese Turnierdichte wie heute, wo man jedes Wochenende irgendwo mitmachen kann. Die Schachlandschaft war überschaubar. Am Vereinsabend saßen wir oft noch länger zusammen. Das Gesellige war sehr wichtig. Manche tauschten in der dritten Halbzeit die Figuren gegen Schafkopf- oder Skat-Karten. Da fallen mir Namen wie Klaus Driedger, Berthold Bartsch, Hans Niedermaier, Rainer Stephan und später Jürgen Rohr ein. Das konnte schon mal länger gehen.
Welche Turniere sind Dir denn aus dieser Zeit noch besonders in Erinnerung?
Ohne Zweifel die legendären Grundig-Blitzturniere. Da gab es als Sachpreise immer Elektronik-Geräte von Grundig. Einige erfolgreiche Spieler haben sich da ihren ganzen Haushalt eingerichtet.
Offenbar warst Du damals ja einer der Spitzenspieler, denn immerhin hast Du fast die gesamte Zeit in unserer 1. Mannschaft mitgespielt.
Ich habe meine erste Saison (1978/79) am 3. Brett der 2. Mannschaft gespielt. Weil ich aber alle Partien gewinnen konnte, durfte ich in der darauffolgenden Spielzeit in die 1. Mannschaft. In all den Aufstiegsjahren bin ich dann immer weiter nach hinten gerutscht, bis ich am Ende meiner Forchheimer Zeit wieder aus der 1. Mannschaft herausgefallen bin. Ende der 80-er Jahre rückten immer mehr starke Jugendspieler aus der Region nach. Meine letzte Spielzeit für Forchheim 1989/90 war ich dann Kapitän der Zweiten in der Bezirksliga 2.
Wie war das denn Ende der 70-er Jahre. Da bestand unsere 1. Mannschaft doch hauptsächlich aus älteren Herren wie Rudolf Fischer (Jahrgang 1900), Eduard Spenger (1921), Walter Hüttl (1933), Hans Jörg Matheiowetz (1928) oder Helmut Bartsch (1931).
Für uns Jugendliche war das unproblematisch. Jung und Alt haben sich sehr gut verstanden. Ich denke da auch an Karl Lohnert, der immer für einen Spruch gut war. Ich habe von Hüttl Französisch und Nimzowitsch-Indisch „geerbt“, Klaus hat wie Matheiowetz Sizilianisch und Königsindisch bevorzugt. Schwierig wurde es erst später, als man sich mit den Ex-Bundesligaspielern auf eine gemeinsame sportliche Zielsetzung einigen musste. Das hat die 1. Mannschaft und damit den Verein auf eine harte Probe gestellt.
1978 gab es einen Vergleichskampf Forchheim gegen Brixen. Du warst auch in Südtirol dabei.
Es spielten nicht nur Schachclub-Mitglieder, sondern auch Gäste aus dem ganzen Landkreis mit. Die Südtiroler hatten zu viele Gegner aufgeboten, so dass unsere Spitzenleute Berthold Bartsch und Hans Niedermaier simultan kämpfen mussten. Ich weiß nur noch, dass wir einen feucht-fröhlichen Vorabend des Freundschaftsspiels hatten, und am nächsten Tag die Gastgeber in Grund und Boden gespielt haben.
In der Jugend-Liga gab es damals ja auch einige Probleme. Einmal anno 1981 musste auf den Aufstieg in die Bezirksliga verzichtet werden. Weißt Du noch warum?
Das lag daran, dass an sechs Brettern gespielt wurde. Vier reguläre, sowie zusätzlich ein Schüler- und ein Mädchen-Brett. Wir hatten keine Schwierigkeiten, die ersten fünf zu besetzen. Und solange Katrin Niedermaier bei uns war konnten wir das Mädchenbrett nicht nur besetzen, sondern auch erfolgreich. Nach ihrem Weggang hatten wir keinen Ersatz.
Das Jahr 1985 scheint für den SC Forchheim ja ein Jahr des Umbruchs gewesen zu sein.
Es gab einige personelle Veränderungen, die für Schwierigkeiten sorgten. Den Wegzug Roland Schwabs hatte ich schon erwähnt. Hinzu kamen die Wechsel der beiden Gründungsmitglieder Walter Hüttl und Hans Jörg Matheiowetz zum TV 1848 Erlangen. Ihr enormer Verdienst um die Verselbständigung des SC Forchheim ist unbestritten. Es stand damals nicht gut um den Verein. Dass Berthold Bartsch Vorsitzender werden würde, war nicht unbedingt klar. Er war zwar schon seit 1979 Mitglied und spielte vereinsinterne Turniere mit. Weil er aber in der Schach-Bundesliga für die SF Marktheidenfeld (ab 1980) und später den SC 1868 Bamberg (ab 1982) antrat, war er als Funktionär aber gar nicht aktiv. Sportlich hatten wir 1985 schon bessere Zeiten gesehen, und mit meinem Bruder Klaus eine wichtige Stütze an TB Erlangen verloren.
Du warst ab 1985 ja bei einer beispiellosen Aufstiegsserie live dabei. Es ging von der Bezirksliga 2 erst in die Bezirksliga 1, dann in die Regionalliga Nordost, sodann in die Landesliga Nord, und zuletzt gar in die Oberliga Bayern.
Jedes Jahr ein Aufstieg, und jedes Jahr schien uns wieder keiner aufhalten zu können. Die erfolgreichste Zeit kam aber erst, als ich schon weg war. Oberliga war schon Wahnsinn, 2. Bundesliga oder sogar Bundesliga, damit hatte 1977 sicher keiner gerechnet.
Woran lag diese Erfolgsserie Deiner Meinung nach?
Wir waren zu Beginn eine Mannschaft aus den besten Forchheimer Spielern. Unser Blick fiel damals höchstens bis Bammersdorf oder Kirchehrenbach. Den Erlanger Hüttl oder den Bamberger Fischer, die aus langer Tradition nach Forchheim kamen, nehme ich jetzt mal aus. Aber auf die Idee, auch Spieler von weiterher für unsere Truppe zu rekrutieren, kam erst Berthold Bartsch. Er holte zuerst 1986 Volker Novak (SC Höchstadt/Aisch) und Hans-Jürgen Döres (TSV Ebermannstadt), dann Jahr für Jahr mit Bundesliga-Routinier Wilhelm Grafe (SC Grundig Nürnberg), Holger Schemm (SV Puschendorf), Ulrich Dauscher (SC Heideck) und Markus Held (SV Neustadt/Aisch) eine Verstärkung nach der nächsten. Die meisten waren hungrige Nachwuchskräfte. Von Glück kann man bei derartig generalstabsmäßig geplantem Erfolg kaum sprechen. Zudem waren die bayerischen Ligen damals durchgängig stärker besetzt, so dass die Meistertitel in Folge umso höher einzuschätzen sind.
Das Schachspielen hat Du ja auch nach Deiner beruflichen Veränderung 1990 an den Bodensee nicht aufgegeben.
Ich habe damals noch in Wasserburg gewohnt, aber schon für den SV Friedrichshafen gespielt. Das Team war in der Landesliga, und ich dort sogar eine zeitlang Kapitän. Zwei Perioden war ich zudem 2. Vorsitzender (1999-2003) mit der Option 1. Vorstand zu werden. Ich wollte aber noch mal eine höhere Liga spielen und bin zu den SF Ravensburg gewechselt. Die spielten schon mal Oberliga und bei meinem Wechsel Verbandsliga. Nun jedoch auch Landesliga. Ich bin dort als Schriftführer aktiv, derzeit mein einziges Amt.
Rund um den Bodensee hast Du die Gelegenheit genutzt, auch außerhalb der Liga-Wettkämpfe die Figuren zu ziehen.
Nach meinem Umzug kannte ich in meiner neuen Heimat noch nicht so viele Leute. Gleich am Anfang habe ich einen Arbeitskollegen kennengelernt, der zwei Monate vor mir angefangen hat, und dann sind wir losgezogen. Zahlreiche Stadt- und Vereinsmeisterschaften in Tettnang, Lindenberg, Friedrichshafen und Ravensburg habe ich mitgespielt und einige auch gewinnen können. Ich bin jetzt nicht der Typ, der alles 100 Mal machen muß, ein bisschen Abwechslung schadet nicht.
Du hast dann auch angefangen, in Österreich am Brett zu sitzen.
Das kam durch den oben erwähnten Arbeitskollegen, der schon in Friedrichshafen und Hörbranz – das liegt gleich hinter der Grenze bei Lindau – Mitglied war. Nach der Auflösung des Hörbranzer Teams bin ich erst wieder durch österreichische Spieler bei Friedrichshafen auf Bregenz aufmerksam geworden. Beide Vereine rangieren in der Landesliga Vorarlberg. Im Vergleich zu deutschen Landesligen sind diese Klassen aber deutlich stärker besetzt, weil auch die Bundesligisten, die nur in Blockwochenenden spielen, ihre Akteure in den zweiten Mannschaften melden können. In meinem Team spielt der polnische IM Henryk Dobosz, der übrigens nicht weit von mir weg wohnt und mit dem ich eine Fahrgemeinschaft bilde – bei der ich dann die eine oder andere „Lehrstunde“ erteilt bekomme. Er ist als treuer Teilnehmer beim Seebach-Open in Mittelfranken ja kein Unbekannter.
Und was machst Du, wenn Du mal kein Schach spielst?
Wenn es der Beruf zulässt – ich bin Maschinenbauingenieur (FH) bei der Siemens LAS in der Sparte Courier/Express//Parcel in Konstanz bzw. Nürnberg, und nachdem meine Kinder größer sind kann ich jetzt auch mal ein Open mitspielen. Aber grundsätzlich treibe ich gerne Sport. Zu Wasserburger Zeiten war ich Mitglied in einem Squash-Verein, wo ich auch meine Frau kennengelernt habe. Ich mache jedes Jahr mein Sportabzeichen, ab und an laufe ich bei einem Volkslauf mit, einmal sogar einen Halbmarathon. Skifahren bietet sich in der Gegend an, Schwimmen im See oder eine Runde Radfahren. Zu guter Letzt habe ich drei Damen zu Hause.
Herzlichen Dank für das Gespräch.