Wo Weltmeister weilten – Abschlussbericht

Johannes Mann

Wer hat hier nicht schon alles seine Visitenkarte abgegeben und den traditionsreichen Chess Congress in Hastings gewonnen. Wenn man nur die Weltmeister aufzählt, die in dem südenglischen Badeort erfolgreich waren: Euwe, Aljechin, Capablanca, Botwinnik, Smyslow, Tal, Spassky, Karpow, Khalifman. Und erst die anderen klingenden Namen wie Rubinstein, Tartakower, Marshall, Gligoric, Larsen, Keres, Kortschnoi, Short… Nun gratuliert unser Jugendspieler Johannes Mann zum 90. Geburtstag und stürzt sich mit 106 Schachfreunden ins Getümmel des Meisterturniers. Johannes hat uns zugesagt, aktuelle Berichte aus dem Seebad in East Sussex zu schicken. Mit 4,5 Punkten und Rang 49 ein tolles Ergebnis. Jetzt mit Bericht zu den letzten Runden und einem Resümee:
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Live-Partien

Gegner von Johannes Mann (ELO 2080):

1:0

Julien Shepley

(1942)

England
0:1

FM Peter Sowray

(2365)

England
1:0

Akshaya Kalaiyalahan

(2080)

England
0:1

IM Robert Bellin

(2338)

England
remis

FM Robert Eames

(2237)

England
1:0

Daniel Kiefer

(2255)

Deutschland
remis

FM Alexander Longson

(2339)

England
0:1

FM Ezra Kirk

(2308)

England
remis

IM Vladimir Prosviriakov

(2271)

USA

Hier der Bericht zur 1. Runde:

„Das Wetter auf der Insel ist gut, zwar windig, aber viel Sonnenschein. In der ersten Runde bekam ich einen etwas schwächeren Gegner, Shepley Julien (Elo 1942) aus England. Schon die Eröffnung begann scharf, indem er früh mit f5 in einer Art geschlossenem Sizilianer Druck auf meinen König machte. Ich rochierte diesen lang und somit aus der Gefahrenzone heraus. Nun hatte ich den Vorteil, schon komplett entwickelt zu sein, während er noch mit allem hinten drin stand. Dies nutze ich mit direkter Öffnung des Zentrums und Druck auf den gegnerischen König aus. Ich erlangte dadurch Raumvorteil und bessere Figurenaktivität, wobei sich die Probleme bei ihm nicht lösten. Zum Schluss konnte er dem Druck nicht standhalten, öffnete alles und ließ mich mit einer Mattkombination die Partie beenden.“

Hier der Bericht zur 2. Runde:

„Die Eröffnung verlief gut für mich, und ich stand leicht besser. Nachdem sich der Vorteil zu verfestigen schien, überschätzte ich das ganze und versuchte, über einen verrückten Plan seine Stellung auseinanderzunehmen. Wäre ich nur bei dem normalen Plan geblieben und hätte mich mit leichtem Vorteil zufrieden gegeben. Das ganze ging schief, und er konnte die Lücken in meiner Stellung ausnutzen. Die Chance auf ein ausgeglichenes Endspiel mit hoher Remiswahrscheinlichkeit verpasste ich leider und musste somit eine Art Festung aufbauen. Anfangs ging das ganze noch gut, bevor ich eine seiner Drohungen übersah. Es kam zu ein Damenendspiel mit Minusbauer, den ich aber durch Dauerschachdrohungen wieder zurückgewinnen konnte. Doch er hatte einen starken Freibauern, der mir große Probleme bereitete. Mir gelang es zwar, diesen aufzuhalten, doch sein zweiter Freibauer, es waren nämlich miteinander verbundene Freibauern, konnte dann doch das ganze entscheiden, da er in so ziemlich jeder Variante immer ganz knapp um ein bis zwei Tempi schneller war als ich. Nach sechs Stunden und 45 Minuten musste ich mich leider geschlagen geben. Die sehr spannede Partie, in der jeder seine Chancen hatte, wurde live übertragen.“

Hier der Bericht zur 3. Runde:

„Die Eröffnug verlief gut für mich, und ich stand angenehmer. Sie verschenkte einige Tempi, und ich konnte all meine Figuren gut stellen. Ich schloss die Stellung und nahm ihren Turm so mit meinem Läufer in der Ecke gefangen, dass dieser sich nicht mehr bewegen konnte. Ich beging einen groben taktischen Fehler, den sie glücklicherweise nur zum Teil ausnutze und einen Bauern gewann. Dafür verlief die Abwicklung gut für mich, und ihr Turm blieb weiterhin gefangen. Das enstandene Endspiel war dann besser für mich, da sie trotz Mehrbauer zum Teil mit einer Figur, dem gefangenen Turm, weniger spielte. Dies nutze ich aus, spielte aktiv und drang in ihre Stellung ein, bis schließlich alles bei ihr hing und ich eine zu starke Mattdrohung hatte, die sie nur durch Daueropfer verhindern hätte können, weshalb sie schlussendlich aufgab.“

Hier der Bericht zur 4. Runde:

In der Eröffnung war alles normal. Ich stand anfangs besser, wählte aber leider eine falsche Abwicklung. Dadurch kam ich in eine Stellung mit etwas schlechterer Bauernstruktur, und dies hielt sich auch so bis zum Endspiel. Nun begann er mich mit seinem Vorteil auszuquetschen und griff meine Schwächen an. Ich hielt mich anfangs gut, doch er spielte besser. Nachdem ihm der Durchbruch gelang, ging die Partie sehr schnell verloren.“

Hier der Bericht zur 5. Runde:

„Die Eröffnung entwickelte sich gut für mich, und ich gewann mit Abwicklung ins Endspiel einen Bauern. Doch diesen Vorteil auszunutzen war nicht so einfach. Ich verpasste die Möglichkeit, seine Bauern zu blockieren, und er konnte durchbrechen. Von nun an drohte er immer mit der Bildung eines Freibauern. Da meine eigenen zu langsam gewesen wären, wickelte ich in ein remises Turmendspiel ab, worauf wir uns auf ein Unentschieden einigten.“

Hier der Bericht zur 6. Runde:

„Ich spielte gegen Daniel Kiefer mit Weiß. Bei der Eröffnung handelte es sich um das bekannte Wolga-Gambit, bei welchem es direkt zu Sache ging. Ich spielte gut únd stand leicht besser. Dann aber bekam er riesigen Druck auf mein Zentrum, unter welchem ich einen Fehler machte und er direkt in eine ausgegliche Stellung abwickeln konnte. Als ich dann versuchte, einen Damentausch zu erzwingen, überschätzte er seine Stellung und opferte eine Qualität. Es folgte ein Damentausch, und ich behielt somit den Materialvorteil bis ins Endspiel. Diesen Vorteil umzuwandeln war durch meinen sehr weit vorgerückten Freibauern und meine bessere Figurenaktivität nicht mehr schwierig. Als ich dann taktisch meinen Materialvorteil in einen ganzen Springer mehr umwandelte, gab er auf.“

Hier der Bericht zur 7. Runde:

„Meine Eröffnung verlief gut, wir kamen schnell ins Endspiel, wo ich einen Bauern verlor und darurch Gegenspiel bekam. Kurz darauf gewann ich den Bauern zurück und es entwickelte sich ein kompliziertes Turmendspiel, das ich in ein Remis abwickeln konnte.“

Hier der Bericht zur 8. Runde:

„Die Eröffnung verlief sehr schlecht, ich kam aber noch halbwegs gut heraus. Danach habe ich eine taktische Drohung übersehen. Wegen zuvieler Mattdrohungen musste ich opfern, weshalb ich dann verlor.“

Hier der Bericht zur 9. Runde:

„Diese Eröfnung verlief ordentlich. Mein Gegner probierte mit aller Macht zu gewinnen, sah aber schnell ein, dass er nicht gewinnen konnte, und es endete in einem Remis.“

Resümee:

„Rückblickend auf das Turnier habe ich sicherlich so einige Chanchen übersehen, oder nicht genutzt. Trotzdem kann ich mich über einen guten Zuwachs meiner ELO und DWZ freuen. Es war ein tolles Erlebnis, bei so einem traditionsreichen und gut organisierten Turnier dabei gewesen zu sein. Mein persönliches Highlight war heute der Besuch mit privater Führung im Schach-Club von Hastings, in dem schon so viele Weltklassespieler sich zu einer Partie trafen.“