Beim Auswärtsspiel unserer 1. Mannschaft zeigten sich unsere Gastgeber vom ESV Nickelhütte Aue als echte Sportskameraden. Näheres zum sehr fairen und hilfsbereiten Verhalten hat unser Kapitän FM Manfred Heidrich weiter unten notiert. So ganz nebenbei nahmen wir beim knappen 4,5:3,5 beide Punkte aus dem Erzgebirge mit. Und das, obwohl wir durch den kurzfristigen Ausfall FM Alexander Seybs in Unterzahl anreisen mussten. Für den Abstiegskampf in der 2. Bundesliga Ost bedeutet das ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk. Jetzt mit Bericht und Partien.
ESV Nickelhütte Aue | – SC Forchheim | 3,5:4,5 | ||
GM Viesturs Meijers | (2430) | – GM Michael Prusikin | (2515) | remis |
GM Roman Slobodjan | (2460) | – GM Vlastimil Jansa | (2473) | remis |
GM Peter Prohaska | (2563) | – Léon Mons | (2330) | 0:1 |
IM Voijtech Plat | (2382) | – FM Alexander Seyb | (2234) | 1:0 kl. |
IM Gunter Spieß | (2383) | – FM Manfred Heidrich | (2244) | remis |
FM Sebastian Eichner | (2265) | – Eduard Miller | (2185) | 0:1 |
IM Cliff Wichmann | (2292) | – FM Dr. Andreas Kräußling | (2109) | remis |
Ralf Schnabel | (2177) | – FM Prof. Dr Robert Weigel | (2091) | remis |
Hier ein kurzer Bericht des Kapitäns FM Manfred Heidrich:
„in den letzten Wettkampf dieses Jahres gingen wir gegen Nickelhütte Aue als klarer Außenseiter – mussten wir doch auf zahlreiche Stamm- und Ersatzspieler verzichten und konnten nur zu siebt antreten! Wegen der unsicheren Witterungslage waren wir (bis auf Robert) schon am Vortag angereist – wenngleich nicht in Aue, sondern in Wilkau-Haßlau, ca. 20 Kilometer nordwestlich von Aue gelegen. In der Pension erwartete uns eine erste Überraschung: es war kein Gastgeber anzutreffen, doch war für uns ein Schlüsselbund bereitgelegt worden. Die Schlüssel führten uns (nach einigem Probieren) zu einem Gästezimmer, in dem weitere Schlüssel deponiert waren. Die These, wir befänden uns womöglich in einem (Computer-)Adventure, und die Schlüssel würden Truhen mit Schätzen öffnen, wurde aber wieder fallen gelassen; es handelte sich lediglich um die restlichen Zimmerschlüssel. Immerhin konnten wir die Zimmer und den Aufenthaltsraum nutzen, und am nächsten Morgen beim Frühstück wurde auch die Wirtin vorstellig.
Die nächste – für mich wenig erfreuliche – abenteuerliche Überraschung erwartete uns am nächsten Tag, als während der Fahrt nach Aue mein Auto ungesunde Geräusche produzierte. Immerhin schafften wir es bis zur Ortseinfahrt von Aue, dann war die Weiterfahrt zu riskant. Vlastimil durfte so den Transportdienst übernehmen, diese Aufgabe erledigte er exzellent. Immerhin waren unsere Gastgeber bereit, den Wettkampf später beginnen zu lassen, bis alle Forchheimer am Spiellokal eingetroffen waren. Außerdem unterstützten mich Spieler und Funktionäre von Aue bei der Organisation des lokalen Abschleppdienstes, der meinen Wagen (Diagnose: defekte Wasserpumpe) zur Werkstatt brachte.
Vom Wettkampfverlauf habe ich nicht viel mitbekommen, da ich ein schnelles Remis ansteuerte, um mich um Wichtigeres zu kümmern. Unsere „Youngsters“ Léon und Eduard waren vom Elo-Vorsprung ihrer Gegner (je mehr als 200 Punkte Differenz!) nicht beeindruckt, sondern besiegten sie und sorgten somit für einen märchenhaften Jahresabschluss, da alle restlichen Partien unentschieden endeten. Durch diesen Sensationssieg haben wir uns einen Puffer zu den Abstiegsrängen zugelegt und können erst einmal beruhigt in die Winterpause gehen. Zum Abschluss noch vielen herzlichen Dank an Aue für ihre Kulanz und Hilfsbereitschaft! Das zeugt von großer sportlicher Fairness!“
Jetzt mit Bericht des GM Michael Prusikin:
„Das Wunder von Aue: Zugegeben, die Überschrift ist wenig originell, aber sie beschreibt doch ziemlich treffend, was am 11.12.2011 im BL-Kampf Aue gegen Forchheim geschah – nämlich ein lupenreines Wunder! Aber der Reihe nach:
Eine Woche vor dem Spiel sagte Ali plötzlich ab, die zweite Mannschaft haben wir ohnehin bereits geplündert, sodass uns nichts anderes übrig blieb, als die Reise nach Aue zu siebt anzutreten. Die Anreise verlief alles andere als glatt: wenige Kilometer vor dem Ziel fing Manfreds Auto an zu qualmen und verweigerte schließlich den Dienst. Letztlich schafften wir es aber doch mit leichter Verspätung an die Bretter und mussten erst einmal feststellen, dass unsere Gegner die Sache sehr ernst genommen haben und beinahe in Bestbesetzung angetreten sind – mit drei Großmeistern und drei internationalen Meistern waren sie im Schnitt ca. 150 Punkte stärker… und in Überzahl!
Manfred kündigte gleich an, ein schnelles Remis machen zu wollen, um sich um sein verrecktes Gefährt kümmern zu können. Dies gelang ihm mit dem Abtauschfranzosen auch problemlos. Alle anderen Partien waren hart umkämpft. Bei Vlastimil und Andreas war das Gleichgewicht wohl nie wesentlich gestört, zwei Remisen vor der ersten Zeitkontrolle waren die logische Folge. Ich hatte die ganze Partie über einen leichten Druck ausgeübt, mein Gegner verteidigte sich jedoch präzise – ein weiteres Remis nach 36 Zügen. Als ich mich nach dem Ende meiner Partie umsah, bahnte sich die erste positive Überraschung bereits an: Léon stand gegen den 250 Punkte stärkeren ungarischen GM Peter Prohazska bereits komplett auf Gewinn! Dazu hatte Robert am letzten Brett ein vorteilhaftes Endspiel und bei Eduard stand das Brett in Flammen, zudem waren er und sein Gegner S. Eichner in hochgradiger Zeitnot. Es war klar, dass diese Partie den Ausgang des Spiels entscheiden wird.
Ich mache es kurz: Plötzlich setzte Eddi Matt, wobei sein Gegner das Unheil erst registrierte, nachdem unser Edelreservist den Mattzug ausführte – nicht alltäglich für die zweite Bundesliga! Damit stand unser Sieg praktisch fest, denn in der letzten laufenden Partie des Tages waren nur zwei Ergebnisse möglich: Sieg für Robert oder Unentschieden. Schließlich begnadigte Robert seinen Kontrahenten, sicherte uns mit diesem Remis das für mich immer noch absolut unfassbare Resultat: 4,5:3,5 für uns! Die Helden des Tages waren zweifelsohne die beiden Sechzehnjährigen Léon Mons und Eduard Miller mit Siegen über nominell deutlich bessere Gegner. “