Unser Mitglied Johannes Zwanzger hat auch in diesem diesem Jahr mit seinem Schachprogramm namens „Jonny“ bei der Computerschach Weltmeisterschaft teilgenommen. Aus dem spanischen Pamplona versorgte Johannes uns mit aktuellen Berichten. Sein Programm hatte wieder namhafte Gegner. Mit 50% Punktausbeute landete „Jonny“ auf dem 6. Platz. Dabei war zwischenzeitlich mit etwas mehr Glück sogar eine bessere Platzierung möglich.
Jetzt mit Bericht zu den Runden 5-9 sowie Partien mit Bewertungen vom Programm selbst.
Mit folgenden Links können Sie sich über den Stand informieren:
Hier Johannes Zwanzgers Bericht zum 1. Tag (Anreise):
Blumenwauzi vor dem Guggenheim Museum
„Am gestrigen Morgen (nicht zu verwechseln mit heute!), halb zehn in Deutschland, genauer gesagt am Bahnhof Forchheim, begann für mich das Abenteuer „Pamplona“. Dabei handelt es sich um eine Stadt mit 200.000 Einwohnern in der spanischen Region Navarra, die wohl hauptsächlich bekannt ist für die Stierläufe zur Zeit der „Sanfermines“, wo sich – zumindest äußerlich erwachsene – Männer von Stieren durch die Gassen jagen lassen. Dort will ich wieder, wie schon in den vergangenen sechs Jahren, mit meinem Programm „Jonny“ an der Computerschach-WM teilnehmen.
Für den ersten Teil der Reise, die Zugfahrt, habe ich wenig Aufregendes zu vermelden, an die Verspätungen der Deutschen Bimmelbahn, die sich Dank ihres flächendeckenden Auftretens schon fast wieder gegenseitig egalisieren, hat man sich ja schon gewöhnt. Jedenfalls konnte ich in München pünktlich in den Hauptbahnhof einsteigen und kam wie geplant (wenngleich es etwas mehr als zehn Minuten gedauert hat) am Flughafen unserer weiß-blauen Landeshauptstadt an.
Da mir bis zum Abflug noch fast zwei Stunden verblieben, bestand keinerlei Veranlassung zur Hetze – dachte ich zumindest. Das änderte sich schlagartig, als der Automat die Umwandlung meines E-Tickets in eine Boardkarte für den Flug nach Bilbao verweigerte und mir die nette Frau am Check-In erklärte, das läge daran, dass im Flugzeug kein Platz mehr für mich sei – die ursprüngliche Maschine habe nämlich einen Defekt und der Ersatzflieger sei leider etwas kleiner. Sie könne mich aber noch auf einen Flug über Frankfurt umbuchen, der allerdings schon in 15 Minuten abhebe. Da mir die Alternative – nämlich an diesem Tag einfach gar nicht zu fliegen – wenig verlockend erscheint, lasse ich mich kurzentschlossen auf den Deal ein. Nach Passieren der Sicherheitskontrolle höre ich schon den „last call“ und mit einem beherzten Sprint, der in mir die Frage aufwirft, ob ich mit der Wahl von Schach nicht zu wenig aus meinen sportlichen Möglichkeiten gemacht habe, erreiche ich das Gate. Die Türe zum Flieger ist zwar schon geschlossen, aber auf ein zaghaftes Anklopfen hin lassen sie mich dann doch rein – puhhhhh, das war echt knapp…
Ab dann lief erstmal wieder alles perfekt, sogar mein Koffer hat es bis nach Bilbao geschafft und ich hatte noch fast zwei Stunden, um mir die wirklich schöne Stadt anzusehen. Auch der Bus nach Pamplona kam pünktlich, da konnte selbst der einsetzende Regen meine Laune nicht trüben.
In Pamplona habe ich fuer die Zeit der WM ein Zimmer in einem Studentenwohnheim gebucht. Da ich nicht wusste, ob dorthin zu solch später Stunde (es war inzwischen 22:30 Uhr) noch Busse fahren, fragte ich beim Aussteigen zwei sehr hilfsbereite ortskundige Damen, die mir sogar anboten, mich zur entsprechenen Haltestelle zu begleiten. Da hab ich natürlich nicht lange überlegt und bin gleich mitgegangen. Im Wohnheim angekommen, zeigte mir der freundliche Hausmeister mein Zimmer – das ist zwar klein, aber dafür sauber und mit Kühlschrank, Herd, Mikrowelle, Telefon und – noch viel wichtiger – kostenlosem Internetanschluss zu meiner vollen Zufriedenheit ausgestattet. Erfreut stelle ich fest, dass meine beiden Rechner in Bayreuth, auf denen Jonny während der WM laufen soll, noch am Leben sind und treffe noch einige „kleine“ Vorbereitungen. Um etwa 1:30 in der Nacht überkommt mich dann aber doch die Müdigkeit – also noch schnell Zähne geputzt und dann ab in die Falle. Hab ich den Waschbeutel nun im Rucksack oder im Koffer? Ach ja, im Koffer. Und der Koffer – ja wo ist eigentlich mein Koffer…??
Er ist…im Bus! Da hab ich ihn doch beim Aussteigen glatt vergessen. Ich weiß nicht, ob es an meiner Müdigkeit liegt oder an der Tatsache, dass sich in dem Koffer „nur“ Kleidung befindet (dafür allerdings auch wirklich die gesamte Wäsche fuer die kommenden zwei Wochen), jedenfalls überrascht mich meine eigene Gelassenheit. Ich wende mich an den Hausmeister, der mir verrät, dass die Busstation am Sonntag ab 8:30 geöffnet ist. Das bedeutet zwar leider ein etwas früheres Aufstehen als geplant, aber was soll’s. Jedenfalls bin ich am nächsten Morgen zur besagten Zeit dort und – sieh an – mein Koffer, den mir die Dame am Schalter nach Beantwortung der Millionenfrage („¿Cómo es la maleta?“ – „Es negra.“) mit einem Lächeln aushändigt, ist es auch. Hat ja wirklich gar nicht weh getan! Zudem konnte ich auch gleich noch ein gutes Werk tun und einer Jakobspilgerin aus Köln, die des Spanischen noch weniger mächtig ist als ich, beim Ordern ihres Bustickets helfen. Ich bin gespannt, womit mich das Schicksal dafür belohnt…“
Hier Johannes Zwanzgers Bericht zum 2. Tag (Runde 1 und 2):
„Heute um kurz nach 10 Uhr wurde die Computer-WM nach den üblichen, meist spanisch gehaltenen Vorreden (von denen ich zu meinem Stolz relativ viel verstanden habe) offiziell eröffnet. Entgegen meiner Befürchtungen geht auch das anschließende „players meeting“, wo noch einmal die wichtigsten Regeln besprochen werden und die Farbauslosung erfolgt, recht schnell über die Bühne. Daher kann die lokale Prominenz schon um halb zwölf den ersten Zug am Brett der amtierenden Weltmeisterin „Rybka“ von Vasik Rajlich ausführen (für alle, die mit der Computerschachszene nicht so vertraut sind: Rybka ist eine Frau!). Sie bleibt dabei in beiden Anläufen bei 1. d4, tut sich damit aber gegen das belgische Programm „Deep Sjeng“ von Gian-Carlo Pascutto lange Zeit sehr schwer, ehe Ihr am Ende doch noch der volle Punkt gelingt.
Bei Jonny läuft der Auftakt wie am Schnürchen, schon mit dem ersten Zug nach dem Buch (nämlich g4!) kommt er gegen das ebenfalls aus Belgien stammende „The Baron“ (Richard Pijl) in großen Vorteil. Bereits nach schwarzen Txf3 (Jonny erwartete Dxd6) ist die Partie vorbei, denn das entstehende Endspiel ist trotz der ungleichfarbigen Läufer alles andere als Remis. Ordentlich ins Schwitzen komme ich trotzdem nochmal, denn für Te1 nimmt sich Jonny über 45 Minuten Zeit und ungute Erinnerungen ans letzte Jahr (wo zwei Partien, zum Glück schon in Verluststellung, durch Zeitüberschreitung verloren gingen) kommen auf. Der Score ist dafür dann auch schon bei +7 Bauerneinheiten und wenig später beeindruckt mich mein geistiges Kind mit einer Mattansage in 49(!) Halbzügen – ich weiß bis jetzt nicht, wie es das ausrechnen konnte (die Endspieldatenbanken waren noch weit weg), aber beim flüchtigen Durchgehen der Varianten nach der Partie wurde es auch wirklich immer Matt.
Dass diese so schnell zu Ende war, wirkte sich nicht nur auf Jonnys Turniersituation, sondern auch auf meine Energiebilanz positiv aus: Im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern musste ich so nämlich nicht ständig zwischen Turniersaal und dem Nebenzimmer, in dem Pizza serviert wurde, hin- und herpendeln, sondern konnte durch nahezu ununterbrochene Nahrungsaufnahme meinen knurrenden Magen besänftigen – zum Frühstücken war ich heute nicht mehr gekommen…
In der zweiten Partie musste Jonny gegen den mehrfachen Weltmeister Shredder von Stefan Meyer-Kahlen ran und machte seine Sache – mit kleinen Abstrichen – ganz ordentlich: Nach der zahmen weißen Eröffnungsbehandlung glich er mühelos aus und bald war – wie schon am Vormittag, diesmal jedoch wirklich remisträchtig – eine Stellung mit je einem Turm und ungleichfarbigen Läufern am Brett. In dieser Phase gab sich Jonny reichlich „Mühe“, die Partie auf Kosten meiner Nerven noch einmal – völlig unnötig – spannend zu gestalten. Bei beiden Programmen stieg die Bewertung für Weiß langsam aber stetig an, um dann nach dem Tausch der Türme – wonach das Remis unterschriftsreif ist – doch wieder fast auf Null abzufallen. Ganz sicher, dass Shredder nicht vielleicht doch irgendwo den Gewinn ausgelassen hat, bin ich mir aber nicht. Auf jeden Fall sind 1.5/2 ein prima Start und ich hoffe natürlich, dass es so weitergeht.“
Hier Johannes Zwanzgers Bericht zum 3. Tag (Runde 3 und 4):
„Die gestrige dritte Runde gegen „Junior“ (Amir Ban / Israel) begann sehr vielversprechend: In einer Variante des angenommenen Damengambits konnte Jonny mit Weiß rasch soviel Druck ausüben, dass Junior sich genötigt sah, die Qualität zu geben. Alle Zuschauer waren sich zu diesem Zeitpunkt mit Jonny (der die Stellung fast mit 2 Bauerneinheiten zu seinen Gunsten bewertete) einig, dass Schwarz unmöglich ausreichende Kompensation haben kann; als fünf Züge später (nach 29. … g4) ein schwarzer Bauer auf g4 auftauchte, sah das schon ganz anders aus, denn dieser hindert (in Kooperation mit dem Springer auf e5) gleich vier weiße Königsflügelbauern am Vorrücken und gibt Schwarz so jede Menge Raum am Königsflügel. Jonny war zu diesem Zeitpunkt immer noch einigermaßen glücklich, während Junior schon Schwarz am Drücker sah. In der Folge kann er den Druck immer weiter ausbauen, unter welchem Weiß letztlich zusammenbricht. Spätestens nach 43. f3 ist die Partie vorbei, aber da sah es auch schon nicht mehr gut aus. Mir ist nicht klar, wo genau Jonnys Fehler in der Partie liegen, beeindruckend auf jeden Fall, wie gut Junior schon frühzeitig die Kompensation gerochen hat. Der gewinnt in der Nachmittagsrunde eine weitere spektakuläre Partie gegen Hiarcs – meines Erachtens bisher sogar DIE Partie der WM – und ist damit jetzt Rybkas schärfster Verfolger. Jonny schafft wie erwartet den ganzen Punkt gegen „Joker“: Die Partie ist im Prinzip schon nach knapp zwei Stunden vorbei, trotzdem lässt sich der holländische Autor Harm-Geert Müller alles bis zum Matt zeigen. Das ist natürlich sein gutes Recht, aber trotzdem langweilig und zieht sich, da Jonny selbst beim Mattsetzen seinem ganz normalen Zeitschema folgt, noch über weitere zwei Stunden hin. Daher verpasse ich auch leider den TV-Bericht über die WM, der um 20:00 Uhr auf Canal 4 gesendet werden soll – hoffentlich kann ich ihn noch irgendwo auftreiben. Als die Partie um 20:30 endlich vorbei ist, habe ich nur den Wunsch, irgendwo so schnell wie möglich etwas Essbares aufzutreiben – Frühstück und Mittagessen sind mal wieder ausgefallen und von den Lollis und Kaugummis, die es hier im Turniersaal gibt, kann man sich auf Dauer auch nicht ernähren. So eine WM ist echt anstrengend, obwohl man eigentlich den ganzen Tag nur rumsitzt!
Am heutigen Mittwoch wird statt der eigentlichen WM ein „offenes“ Turnier im Rahmen der Computerolympiade gespielt, bei dem es im Gegensatz zum Hauptturnier keine Hardwarebeschränkung gibt. Da mir die normale WM stressig genug erschien, hatte ich schon vorher beschlossen, nicht daran teilzunehmen – eine kluge Entscheidung, wenn ich mir meine blutunterlaufenen Augen ansehe. Den freien Tag habe ich daher erst mal zum Ausschlafen genutzt und werde mir dann gleich ein bißchen die Stadt ansehen.
Hier Johannes Zwanzgers Bericht zum 4. Tag (Runde 5):
„Allzu weit in die Stadt bin ich dann doch nicht vorgedrungen, die Neugier, die Schlußrunde des Opens zu verfolgen, war dann doch zu groß. Aber immerhin hab ich den Pamploner „Zoo“ gesehen, ein kleiner Tierpark umgeben von hohen Mauern, streicheln daher vollkommen ausgeschlossen. Danach hab ich mich wieder in den Palacio begeben und mir die Ausstellung angesehen. Sie wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, hat aber doch einiges zu erzählen. Kurz und sehr überspitzt zusammenfassen kann man es vielleicht so: Im Prinzip ist Pamplona ein großer Friedhof und jedes Mal, wenn aufgrund von Umbauplänen irgendwo gebuddelt wird, stoßen sie hier unverhofft wieder auf neue Gräber…
Zur Schlußrunde des Opens musste die Entscheidung zwischen Rybka und Shredder fallen, die bis dahin souveräne 4 aus 4 geholt hatten. Als ich vielleicht eine halbe Stunde nach Beginn eintraf, war die Partie praktisch schon vorbei: Rybka hatte Shredder sehenswert überspielt! Die Partie ist kurz, aber durchaus nachspielenswert (Partie ist ebenfalls unten im Nachspielfenster).
Am Donnerstag ging es in Runde 5 mit Weiß gegen „Pandix“ von Gyula Horváth, ein richtiges Urgestein unter den Schachprogrammen, das schon vor über 20 Jahren (zu seligen Atari ST-Zeiten) an der Computer-WM teilgenommen hat. Jonny hat im Prinzip gut gespielt und aus einem scharfen Sizilianer heraus ein gutes Endspiel mit Turm und Läufer gegen Turm und Springer mit einem gefährlichen Freibauern auf der c-Linie erreicht. Trotzdem hätte es um ein Haar nicht zum Sieg gereicht, hätte Pandix mit 31. … Kg6?! und 38. … g5?? nicht selbst kräftig mitgeholfen (ein Panikzug, Pandix sah, dass er seinen Turm gegen den Bauern geben muss, aber nicht, dass das nach dem logischeren 38. … Tc8 39. Txa6 Kxh5 (39. Tc5 f5 etc.) früher oder später auch Weiß hätte tun müssen). Somit steht Jonny im Moment bei 3.5/5, womit ich sehr zufrieden bin.
Im Anschluß an die fünfte Runde fand das Blitzturnier statt, das mit 7/8 wieder mal eine sichere Beute für Rybka wurde (die einzige Niederlage stammt aus Runde 1 gegen Jonny, wo Rybka am Ende aufgrund eines Bugs die Zeit überschritt). Shredder wurde mit 6.5 Punkten Zweiter, Jonny und Deep Sjeng teilten sich mit 5.5 Punkten den dritten Platz. Auch das ist aus meiner Sicht ein erfreuliches Ergebnis. Ein weiterer angenehmer Aspekt ist, dass mit „Danasah“ von Pedro Castro auch ein spanisches Programm teilnimmt und ich somit jemanden habe, mit dem ich Spanisch üben kann. Da Pedro so seine Schwierigkeiten mit dem Englischen hat, bringt das sogar ganz praktische Vorteile mit sich: Bei der Vorbesprechung zum Blitzturnier darf ich als Dolmetscher fungieren und fühle mich sehr geehrt.
Am gestrigen Freitag fand die traditionelle Exkursion statt, die uns im ersten Teil nach Olite führt, wo Carlos III im 15. Jahrhundert seinen Palast aufgestellt hat. Das Gebäude wirkt recht verspielt, was gemäß unserer Führerin an der Spontanität von Herr und Frau König liegt: Es wurde nicht etwa in einem Rutsch fertiggestellt, sondern immer wieder um ein Türmchen hier und da erweitert, wenn grade wieder Platz gebraucht wurde. Sogar ein „Kinderzimmer“ ist auf diese Weise dazugekommen.
Am Nachmittag ging es dann zurück nach Pamplona und wir erhielten eine sehr interessante Einweisung in die Welt der Stierläufe: Geboren aus der früheren Not, die Tiere irgendwie für die Stierkämpfe ins Stadion bringen zu müssen, wurde diese Tradition einfach beibehalten und ist nun DAS jährliche Ereignis in Pamplona (wenngleich es die Stierläufe offenbar auch in sehr vielen anderen spanischen Städten gibt, aber mit weit weniger Volksfeststimmung außenrum). Da die Strecke vom Startpunkt bis zum Stadion lediglich 800m beträgt, dauert der ganze Spaß nur 3 Minuten und ist für den Otto-Normalzuschauer im Fernsehen viel besser zu erkennen – denn sonst konkurriert man mit etwa einer Million(!) anderer Schaulustiger. Laufen darf übrigens jedermann ab 18 Jahren (seit etwas über 20 Jahren auch Frauen), zur „Anmeldung“ muss man sich lediglich eine halbe Stunde vor Beginn auf der Strecke einfinden, die danach abgesperrt wird (daher auch der Name „encierro“ – Einschluß – für die Stierläufe).
Die Stimmung zur Zeit der Stierläufe war es wohl auch, die Ernest Hemingway zu seiner Novelle „The Sun Also Rises“ (deutsch: „Fiesta“) inspirierte. Sein Lieblingscafe,
das Café Iruña (das wohl in dieser Novelle zitiert wird), ist übrigens das rötliche Gebäude in mit der Mitte auf dem (zweiten) vom Quiosco aus geschossenen Foto.
Jetzt gleich geht es in Runde 6 mit Weiß gegen Rybka – ich hoffe einfach mal auf eine gute Partie von Jonny und mit etwas Glück kann er ja vielleicht sogar punkten.“
Hier Johannes Zwanzgers Bericht zum 5. und 6. Tag (Runde 6-9):
Der Endspurt lief für Jonny leider alles andere als erfreulich: In der sechsten Runde gegen „Rybka“ (Vasik Rajlich) ging es zwar gut los, Jonny war lange im Buch und Rybka sah eine Zeit lang sogar leichten weißen Vorteil, aber mit 31. Ke2?! beginnt eine Reihe komischer weißer Züge und bald findet sich mein Programm in einem schlechten Endspiel mit Dame und Läufer gegen Dame und Springer wieder, in dem es von Rybka mit guter Technik glatt überspielt wird.
Derart angeschlagen geht es in die siebte Runde gegen „Hiarcs“ von Mark Uniacke, wo in einer extrem scharfen Najdorf-Variante im Gegensatz zur Vormittagsrunde das Buch zu früh (nämlich nach 13. Lf4) zu Ende ist. In der Folge findet Jonny wohl ein, zwei mal nicht die genaueste Fortsetzung und kann dann seinen in der Mitte festgehaltenen König nur unter Bauernopfer in ein sehr schlechtes Endspiel retten. Als nur noch die Springer am Brett sind, kommt noch einmal etwas Spannung auf, als der Score beider Programme weit auseinanderdriftet – während Jonny sich zunehmend besser fühlt, geht die Bewertung von Hiarcs für Weiß nach oben. Die Erklärung dafür war dann aber relativ schnell gefunden: Weil Hiarcs auch einige Sechssteinerdatenbanken nutzte, konnte er das Endspiel von König und drei Bauern gegen König und Springer nach 44.Kxa6 einfach nachschlagen und als Gewinn abhaken. Jonny dagegen musste es für sich selbst „ausrechnen“ und das dauert bei drei Bauern auf der Grundreihe doch ziemlich lange.
Die lange Rochade komplettierte er dann heute früh gegen das belgische Programm „Deep Sjeng“ (Gian-Carlo Pascutto), hier war er bereits nach dem fünften Zug aus dem Buch, was aber sicher nicht der Grund für die Niederlage war. In Eröffnung und Mittelspiel sah es nämlich noch ganz gut aus, wenngleich mir die Stellung nie wirklich klar erschien. Nach dem Damentausch gewinnt Weiß einen Bauern, für den Schwarz aber sicher gewisse Kompensation hat. Dann jedoch misshandelt Jonny die Stellung fürchterlich, indem er den Damenflügel festlegt, weil er den weißen a-Bauern völlig überschätzt, der einfach vom schwarzen König blockiert werden kann. Mich hat überrascht, wie lange die Rechner der weißen Ruine noch Überlebenschancen eingeräumt haben, für einen Menschen ist ziemlich schnell klar, dass die schwarzen Mittelbauern früher oder später durchbrechen werden, was sie dann letztlich leider auch taten.
Gegen den anderen „Gian-Carlo“, genauer gegen „Equinox“ von Gian-Carlo Delli Colli (Italien) gelingt dann noch die Schadensbegrenzung (okay, viel zu verlieren gab´s eigentlich nicht) in Form eines überzeugenden Schlußrundensiegs: Den etwas überstürzten weißen Angriff kann Jonny recht einfach parieren und bald darauf selbst entscheidend am Damenflügel zuschlagen.
Somit landet er mit 4.5/9 auf dem sechsten Platz, mitten im luftleeren Raum, mit jeweils 1.5 Punkten Abstand nach oben bzw. unten. Ungefähr so hätte ich das Ergebnis auch vorhergesagt, schade dass gegen die „Großen“, abgesehen vom Remis gegen Shredder, nichts herausgekommen ist. Überhaupt hat in der Endtabelle kein einziges Programm eine Partie gegen ein besser platziertes gewonnen! Sieger dieser WM wurde nun schon zum dritten Mal hintereinander in absolut überzeugender Weise Rybka und hat mit dem Sieg im offenen Turnier und im Blitz sogar das Triple geschafft. Herzlichen Glückwunsch an Vasik Rajlich und sein ganzes Team! Ein großes Lob auch an die spanischen Organisatoren, die das Turnier in vorbildlicher Weise durchgeführt haben. Es hat jede Menge Spaß gemacht, ich bin jetzt allerdings ganz schön müde und daher auch froh, dass es vorbei ist. Morgen Mittag findet dann noch die Siegerehrung statt und danach werde ich noch fünf Tage dranhängen, um mir Spanien (genauer Zaragoza und Madrid) etwas anzusehen. Hasta luego!
Hier die Partien zum Nachspielen.
Hinweise zu den Kommentaren in den Partien:
– bei jedem Zug erscheint im Fenster unter dem Brett ein Kommentar zum Zug
– „Buch 0s“ bedeutet (natürlich): Zug wurde aus dem gespeicherten Eröffnungsbuch gespielt (kann nur bei Zügen von „Jonny“ erscheinen)
– eine Zeitangabe ist die für den Zug verbrauchte Zeit (z.B. 8s, 5:18m)
– „+0.66/20 5s“ ist eine Bewertung aus Sicht von „Jonny“ mit der Suchtiefe und in diesem Fall 5 Sekunden Zeitverbrauch
– „+25M“ ist eine Mattansage
– bei Klick auf den Doppelpfeil nach links „<<" bekommt man wieder die Partieauswahl angezeigt
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