Erstklassige Berichte Teil 2

FM Berthold Bartsch

Weiter geht es mit meinem Rückblick auf die 1. Bundesliga 2002/2003. Heute mit dem Doppelwettkampf in Bochum, der unseren damaligen Kapitän FM Berthold Bartsch als Unglücksraben sah. Beim Frühstück kam Hans Niedermaier auf mich zu, ich fuhr nur den Mannschaftsbus, und sagte mir lächelnd, heute müsste ich in der 1. Mannschaft aushelfen. Zuerst hielt ich es für einen schlechten Witz, doch als auch Manfred Heidrich und Milos Jirovsky wissend nickten, wurde mir alles klar. Berthold Bartsch war über Nacht krank geworden. Wie es uns gegen Wattenscheid und Solingen erging, und wie schnell ich unterging, könnt Ihr hier lesen:

10. Spieltag der gegen des SV Wattenscheid 1930

Michael Prusikhin – Levon Aronian

Alles schien an diesem Nachmittag der 10. Runde der 1. Bundesliga im Duell SC Forchheim gegen den Gastgeber SV Wattenscheid 1930 für den Außenseiter aus Nordbayern zu laufen. In der Mannschaft herrschte zu Beginn des Wettkampfes Optimismus, nicht nur weil Spitzenspieler IM Michael Prusikhin zwei Tage zuvor in Darmstadt beim GM-Turnier des SV Griesheim seine 2. Großmeister-Norm durch einen 2. Platz realisiert hatte. Nach zweieinhalb Stunden Spielzeit schien sich die Glücksgöttin Fortuna erstmals in dieser Saison auf die Seite des Teams von FM Berthold Bartsch zu schlagen, denn in vier Partien standen die Forchheimer klar auf Gewinn, in zwei Matches herrschte Gleichgewicht, und nur in zwei Begegnungen waren die Amateure gegenüber den Profis leicht im Nachteil.

Milos Jirovsky – Leif Johanessen

Altmeister GM Vlastimil Jansa, IM Milos Jirovsky, Hans-Jürgen Döres und der für den studienbedingt verhinderten Johannes Zwanzger eingesprungene Ersatzspieler Jörn Bade ließen Teamchef Bartsch auf den ersten Saisonsieg hoffen, der im Abstiegskampf noch einmal für Spannung gesorgt hätte. Doch das Schicksal, in dieser Spielzeit bereits mehrmals den Forchheimer Gegnern hold, schlug erbarmungsloser denn je zu. Spiegelbildlich zur bisher äußerst unglücklich gelaufenen Saison hatte der SC Forchheim diesmal auch noch das sprichwörtliche Pech. Bis auf Bade, der seinen Gegner ohne Zögern zur Aufgabe zwang, verdarben alle Forchheimer in der Zeitnotphase ihre vorteilhaften Positionen durch leichtsinnige Fehler, was die Wattenscheider letztlich in Profi-Manier auszunutzen verstanden.

Hans-Jürgen Döres – Volkmar Dinstuhl

Und so wurde aus einem sicher geglaubten 5:3 Sieg eine viel zu hoch ausgefallene 1,5:6,5 Niederlage, die nun auch die letzten theoretischen Hoffnungen auf den Klassenerhalt zunichte machte. Und so bleibt dem SC Forchheim nur noch, sich im letzten Heimspielwochenende am 8./9. März im Forchheimer Rathaussaal mit den Fans des Königlichen Spiels von der stärksten Liga der Welt gebührend zu verabschieden, dann vielleicht sogar mit Erfolgen gegen die Teams des Erfurter SK und des SK König Plauen. Am Spitzenbrett spielte IM Michael Prusikhin (ELO 2509) gegen den amtierenden Junioren-Weltmeister GM Levon Aronian aus Armenien eine Gambiteröffnung, bekam im Laufe des Matches jedoch nie die erforderliche positionelle Kompensation und verlor im Turm-Endspiel in der Zeitnotphase auch noch einen weiteren Bauern. Als der Wattenscheider sich einen Freibauern erspielt hatte, war die Stellung hoffnungslos verloren. Damit war die Niederlage nicht mehr abzuwenden und die Chance auf die 3. GM-Norm in der Bundesliga-Saison erst einmal in weite Ferne gerückt.

Alexander Rustemov – Vlastimil Jansa

Am 2. Brett hatte GM Vlastimil Jansa (2504), nach einer anstrengenden Schachwoche mit Einsätzen in Frankeich (als Spieler) und Luxemburg (als Nationaltrainer), als Schwarzer mit dem Russen GM Alexander Rustemov (2597) aus der Eröffnung heraus ein Gleichgewicht erreicht. Im Endspiel gelang es dem Prager in unnachahmlicher Weise sein Gegenüber zu passiven Zügen zu verleiten und stellungsmäßig klar zu überspielen. Doch statt in gegenseitiger Zeitnotphase mit Se3 den klaren Gewinnzug zu vollziehen, verzettelte sich der Forchheimer Altmeister mit e5 und ließ seinen Kontrahenten zu Gegenspiel kommen. Der grobe Fehler Tb1, der eine Springergabel auf c3 gegen den Turm b1 und auf den Läufer b5 ermöglichte, was zum Figurenverlust führt, war der unrühmliche Abschluss einer eigentlich als gewonnen eingeschätzten Partie. Der auf dem Papier für deutlich stärker gehaltene Russe war an diesem Tag bis auf die letzten drei Züge eine Klasse schlechter als GM Jansa.

Berthold Bartsch – Florian Handke

Am 3. Brett spielte IM Milos Jirovsky (2457) gegen den Norweger GM Leif Johannessen (2534) um seine 2. Großmeister-Norm. Hatte er zuerst sehr aktives Spiel und zwang den Skandinavier in die Verteidigung, so gab der Tscheche in leicht besserer Position völlig ohne Not die Gelegenheit zum Sieg aus der Hand und stellte statt dessen einzügig seinen stark plazierten Springer ein. In der Folge kämpfte IM Jirovsky in schwieriger Stellung noch um das mögliche Remis, mußte allerdings nach einem geschickten Verteidigungszug seines Gegners im Damen-Endspiel mit einem Läufer weniger die Segel endgültig streichen.

Ralf Appel – Manfred Heidrich

Am 4. Brett hatte FM Manfred Heidrich (2415) mit den schwarzen Steinen gegen IM Ralf Appel (2503) nach der Holländischen Eröffnung eine ausgeglichene Stellung erreicht. Zwar stand der Forchheimer positionell etwas beengt, doch alle Versuche des Wattenscheiders, daraus auch zählbar Vorteil zu ziehen, scheiterten an der klugen Verteidigung. Schließlich reklamierte FM Heidrich völlig zu Recht dreimalige Stellungswiederholung und damit Remis. Am 5. Brett stand FM Berthold Bartsch (2318) mit den weißen Steinen gegen IM Florian Handke (2504) von Beginn an unter Druck. Nachdem der Forchheimer die Gelegenheit zu La4 und damit zum Einsperren der schwarzen Dame auf a3 verstreichen ließ, was positionelle Vorteile versprach, aktivierte der Wattenscheider seine Dame, nutzte den positionellen Freiraum und ließ sich auch nicht von einem Qualitätsopfer des Forchheimers vom Gewinnweg abbringen.

Frank Holzke – Hans Niedermaier

Am 6. Brett stand FM Hans Niedermaier (2253) gegen IM Dr. Frank Holzke (2479) nach der Spanischen Eröffnung unter Druck und konnte sich erst gegen Ende der Partie aus der Umklammerung des Bochumers befreien. Im Turm-Endspiel mit Minusbauern, das technisch remis zu halten gewesen wäre, verlor er durch einen falschen Königszug auf die 5. Reihe. Nach fast sieben Stunden Spielzeit musste der Forchheimer die Niederlage eingestehen. Am vorletzten Brett verdarb Hans-Jürgen Doeres (2279) gegen IM Volkmar Dinstuhl (2416) eine vollkommene Siegpartie. Mit zwei Bauern und Turm für zwei Leichtfiguren im Vorteil, zumal in deutlich besserer Aufstellung und mit einem spielentscheidenden Freibauern auf der 7. Reihe ließ sich der Forchheimer in der Zeitnotphase dazu verleiten, einen vergifteten Bauern zu nehmen. Daraus resultierend verlor er seine Dame und das gesamte Match.

Jörn Bade – Timo Straeter

Am Schlussbrett war der für den studienbedingt verhinderten Stammspieler Johannes Zwanzger (2281) eingesprungene Ersatzspieler Jörn Bade (2262) mit den schwarzen Steinen gegen FM Timo Sträter (2329) vom ersten Zug an im Vorteil. Die Eltern Uwe und Heidrun Bade, beide im Berliner Schachleben keine Unbekannten, Vater Uwe ist seit Jahren nicht nur Mitglied der Wertungskommission des Deutschen Schachbundes, sondern auch Schiedsrichter mit Bundesliga-Einsätzen, durften einen nie gefährdeten Sieg ihres Sohnes mit ansehen, der zuletzt im Endspiel mit gleich farbigen Läufern einen Mehrbauern zielsicher verwerten konnte. Doch dieser einzige Forchheimer Brettsieg hatte nur mehr kosmetische Auswirkungen auf das äußerst unglückliche 1,5:6,5 Gesamtergebnis.

SC Forchheim

– SV Wattenscheid 1930

1,5:6,5
IM Prusikhin

(2509)

– GM Aronian

(2581)

0:1
GM Jansa

(2504)

– GM Rustemov

(2597)

0:1
IM Jirovsky

(2457)

– GM Johannessen

(2534)

0:1
FM Heidrich

(2415)

– IM Appel

(2503)

remis
FM Bartsch

(2318)

– IM Handke

(2504)

0:1
FM Niedermaier

(2253)

– IM Dr. Holzke

(2479)

0:1
Döres

(2279)

– IM Dinstuhl

(2416)

0:1
Bade

(2267)

– FM Sträter

(2329)

1:0

11. Runde gegen die SG Aljechin Solingen 1868

Udo Güldner – Markus Schaefer

In der 11. Runde der 1. Bundesliga gab es für den Außenseiter SC Forchheim gegen die SG Aljechin Solingen 1868 eine klare 2,5:5,5 Niederlage. Auch in diesem Wettkampf hatte das Team um den Kapitän FM Berthold Bartsch wiederum doppelt Pech. Erneut hatte GM Vlastimil Jansa eine Gewinnstellung heraus-gespielt, dann aber ein falsches Abspiel gewählt und verloren. Der schwerste Schlag war allerdings der kurzfristige krankheitsbedingte Ausfall von FM Berthold Bartsch, für den der Kreisliga-Spieler Udo Güldner ans Brett treten musste. Eigentlich nur als Pressewart und Fahrer vorgesehen, hatte der Hobby-Spieler gegen einen Profi-IM überhaupt keine Chance und musste nach 19 Zügen und dreieinhalb Stunden Spielzeit die Segel streichen.

Vlastimil Jansa – Jeroen Piket

Am Spitzenbrett spielte IM Michael Prusikhin (ELO 2509) mit den schwarzen Steinen gegen den Bosnier GM Predrag Nikolic (2661) zum zweiten Mal binnen kurzem eine Gambiteröffnung und tat sich erneut schwer, die angestrebte Kompensation zu erhalten. Nach rund 20 Zügen hatte der Forchheimer die Qualität weniger (Turm gegen Springer) und einen Turm, der vom Gegner geschickt eingemauert und damit aus dem Spiel genommen wurde. Dieser Nachteil war es schließlich, der nach einem kurzen Scharmützel im Endspiel die Niederlage bedeutete.

Michael Hoffmann – Jörn Bade

Am 2. Brett hatte GM Vlastimil Jansa (2504) gegen den Holländer GM Jeroen Piket (2646) in der Spanischen Eröffnung einen klaren positionellen Vorteil herausgespielt und schonungslos die Schwächen in der Verteidigung seines Kontrahenten offengelegt, doch im 35. Zug, wohlgemerkt in beiderseitiger Zeitnotphase, verpasste der Prager den natürlichsten Zug Le3, der die Stellung des Solingers gesprengt hätte. Hingegen spielte er ein Turm-Opfer, von dem er sich Angriff versprach, doch hatte er wohl nicht weit genug gerechnet und musste in verlorener Stellung mit Turm weniger schließlich aufgeben.

Artur Jussupow – Milos Jirovsky

Am 3. Brett eröffnete IM Milos Jirovsky (2457) mit den schwarzen Steinen gegen den Ex-Nationalspieler GM Artur Jussupow (2592) mit Damengambit (Anti-Meran-Variante) und zeigte wenig Respekt. Im Mittelspiel eroberte der Forchheimer, der seine 2. Großmeister-Norm in dieser Saison anstrebt, einen Bauern und zwang GM Jussupow in die Defensive. Daraus resultierte im Endspiel der Gewinn eines weiteren Bauern, allerdings kam der Solinger im Endspiel mit Turm und Springer noch zu Gegenspiel, drohte mit Mattkombinationen, musste am Ende dann jedoch mitansehen, wie der Forchheimer Top-Scorer seinen Freibauern laufen ließ, der nicht mehr aufzuhalten war. Damit heftete IM Jirovsky einen weiteren (den vierten) Großmeister-Skalp an seinen Gürtel.

Manfred Heidrich – Matthew Sadler

Am 4. Brett hatte FM Manfred Heidrich (2415) gegen den Engländer GM Matthew Sadler (2624) in der Sizilianischen Eröffnung eine bis zum Turm-Endspiel vollkommen ausgeglichene Stellung erspielt. Im Doppel-Turm-Endspiel versuchten beide auf Gewinn zu spielen, denn beide hatten Freibauern herausgearbeitet. Doch FM Heidrich zwang den Engländer Dank vorgerückter Bauern mit Dauerschach zum Remis. Nach dem Remis gegen GM Dr. Robert Hübner ein weiterer schöner Erfolg gegen einen weiteren Ausnahme-Großmeister. Am 5. Brett hatte FM Hans Niedermaier (2253) mit den schwarzen Steinen gegen IM Alexander Naumann (2513) nach einem Bauerngewinn im Mittelspiel die heftigen Angriffe auf die eigene, etwas gedrängte Stellung, auszuhalten. Auch ein zweiter Mehrbauer verbesserte die Lage kaum, zumal der Solinger in die Königsverteidigung des Forchheimers eingedrungen war. In dieser Situation erzwang FM Niedermaier das Unentschieden durch Zugwiederholung.

Alexander Naumann – Hans Niedermaier

Am 6. Brett hatte Hans-Jürgen Döres (2279) gegen den Inder IM Chanda Sandipan einen schweren Stand. Die leichten positionellen Nachteile des Forchheimers wurden durch ein Springer-Opfer schonungslos offenbar, womit der Solinger sich einen starken Freibauern kurz vor der Umwandlung erspielte. Dieser Drohung war auf längere Sicht nichts mehr entgegenzusetzen. Deshalb gab Doeres die Partie verloren.

Hans-Jürgen Döres – Chanda Sandipan

Am 7. Brett überzeugte einmal mehr Ersatzspieler Jörn Bade (2267) durch ein Remis gegen IM Michael Hoffmann (2438). Der Forchheimer blieb als einziger an diesem Wochenende ungeschlagen und hatte nach schwierigem Beginn mit den schwarzen Steinen im Endspiel sogar leichte materielle Vorteile erspielt. Die Punkteteilung ging völlig in Ordnung. Am Schlussbrett musste Kreisliga-Spieler Udo Güldner (DWZ 1728) für den erkrankten Kapitän FM Berthold Bartsch einspringen. Zwar hielt der Forchheimer dreieinhalb Stunden dagegen, doch die schlechtere Stellung veranlasste den Ersatzspieler zu einer sechszügigen Kombination mit Läuferopfer, die der Solinger IM Markus Schäfer (2385) durch einen Zwischenzug geschickt aushebelte und in der Folge auch noch einen Springer eroberte.

SC Forchheim

– SG Aljechin Solingen 1868

2,5:5,5
IM Prusikhin

(2509)

– GM Nikolic

(2661)

0:1
GM Jansa

(2504)

– GM Piket

(2646)

0:1
IM Jirovsky

(2457)

– GM Jussupow

(2592)

1:0
FM Heidrich

(2415)

– GM Sadler

(2624)

remis
FM Niedermaier

(2253)

– IM Naumann

(2513)

remis
Döres

(2279)

– IM Sandipan

(2345)

0:1
Bade

(2267)

– IM Hoffmann

(2438)

remis
Güldner

(1728)

– IM Schäfer

(2385)

0:1