Nach langer schwerer Krankheit verstarb gestern in Reykyavik das Schachgenie Bobby Fischer.
Aufstieg zum Weltmeister
Als Robert James Fischer geboren und „nur von Patzern und Freunden Bobby genannt”, wie er selbst einmal erwähnte, wurde er als 13-Jähriger schlagartig bekannt als er in der sogenannten Partie des Jahrhunderts den Großmeister Donald Byrne schlug. Im Alter von 14 Jahren gewann er die Meisterschaft der USA.
Bei seinem ersten Anlauf zur Weltmeisterschaft belegte er jedoch im Kandidatenturnier in Curaçao nur den vierten Platz. Die Schuld gab er den sowjetischen Spielern, die untereinander rasche Remisen austrügen und somit gegen westliche Spieler mauerten. Der nächste Versuch scheiterte 1967 an Streitigkeiten mit der Organisation der Kandidatenwettkämpfe.
Im folgenden Kandidatenwettkämpfen setzte er sich jedoch durch, hauste wie ein Würgeengel in den Reihen der sowjetischen Großmeister: Fischer — Taimanov 6:0 im Viertelfinale, auch der dänische Großmeister Larsen wurde mit 6:0 abgefertigt. Im Kandidatenfinale musste der Remiskönig Tigran Petrosjan sensationell mit 6,5:2,5 die Segel streichen.
Der Weltmeisterschaftskampf selbst mit Boris Spasskij wurde zum „Wettkampf des Jahrhunderts” hochstilisiert. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges (West gegen Ost) sprach man vom „Kampf der Systeme”. Die westliche Welt konnte ihr Glück, dass ein Amerikaner in die geschlossenen Reihen des alles beherrschenden sowjetischen Schachs eindrang, kaum fassen.
Fischer setzte sich in einem Nervenkrieg mit Schiedsrichter, Organisatoren und natürlich den Sowjets schließlich mit 12,5 zu 8,5 durch und wurde der 11. Weltmeister der Schachgeschichte seit Wilhelm Steinitz.
Nach der Weltmeisterschaft
Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft setzte sich Fischer für eine Änderung des Weltmeisterschaftsmodus ein. Gewinnen sollte nur noch der Spieler, der als erster sechs Partien gewonnen hatte. Weiter sollten bestimmte Modi gelten, die den amtierenden Weltmeister (also Fischer) bevorzugen. Doch die FIDE war nun stärker als zu Laskers Zeiten und ging nur auf Teile Fischers Forderungen ein. Fischer verweigerte Anatoli Karpov den Weltmeisterschaftskampf. Und so wurde der Moskauer 1975 kampflos zum Weltmeister erklärt.
Fischer selbst betrachtete sich noch als Schachweltmeister, da ihn niemand in einem WM-Kampf geschlagen habe.
Ein kurzes, strahlendes Comeback feierte er im Jahre 1992, als er im unter Embargo stehenden Jugoslawien in Sveti Stefan und Belgrad ein „Revanche-Match” gegen Boris Spasskij austrug. Diesen Wettkampf gewann er 17,5:12,5 und strich die Siegesprämie von 5,5 Millionen Dollar ein.
Durch das Annehmen der Siegprämie verstieß er gegen das Embargo, das die UN über das damals Krieg führende Jugoslawien verhängt hatte. Die Regierung der USA ließ ihn darauf per weltweiten Haftbefehl zur Fahndung ausschreiben. Fischer versteckte sich an verschiedenen Orten in Europa. Unter anderem in der Pulvermühle, einem bekannten Schachlokal in der Fränkischen Schweiz. Nachdem ihn dort Reporter des Stern aufgestöbert hatten, lebte er einige Zeit bei unserem Mitglied Hans Niedermaier.
Vom (öffentlichen) Schach zog er sich zu dieser Zeit vollständig zurück.
Aufenthalt in Japan und Ruhestand in Reykyavík
Seit 2000 hielt sich Fischer in Japan auf und war dort mit der Präsidentin des japanischen Schachverbandes liiert, die er später auch heiratete. Im Jahr 2004 erklärten die USA seinen Pass für ungültig, der eigentlich auf 10 Jahre ausgestellt war. Am 15. Juli verhafteten japanische Behörden den Ex-Weltmeister und erwogen, ihn an die USA auszuliefern.
Das isländische Parlament aber machte Fischer zum Ehrenbürger und verlieh ihm die Staatsbürgerschaft. So durfte er aus Japan nach Island ausreisen und dort den Lebensabend verbringen.
Fischer starb am Donnerstag in Reykyavík. Er wurde genau 64 Jahre alt, eine Allegorie auf das Schachbrett. Die Schachwelt trauert um eines ihrer größten Genies.
Als Ergänzung zum Artikel vom 18.01.2008: Zusatzinfos von Chessbase Chessbase Nachruf