Im Rückspiegel: Deutsche Lösemeisterschaft in Forchheim

Im letzten Jahr waren die Problemlöser der Vereinigung „Schwalbe“ zu Gast in Forchheim. Auf Initiative unseres Mitgliedes Rudolf Glenk gab sich die europäische Elite im Problem- und Studienbereich ein Stelldichein. Hier der Artikel von Susanne Möller aus den Nordbayerischen Nachrichten vom 18. April 2005:

„Matt im Roten Ochs

Deutsche Meisterschaft im Problemschach in Burk

FORCHHEIM – Man kennt sie aus der Rätselecke in Zeitungen und Zeitschriften: Kleine Schachbretter, auf denen scheinbar wahllos Schachfiguren verteilt sind, die in wenigen Spielzügen zum Matt geführt werden sollen. Problemschach nennt sich die beliebte Kniffelei, an der sich auch der ungeübte Laie versuchen kann. Wer allerdings auch über Begriffe wie »Hängepartie«, »Nachtwächter« und »ersticktes Matt« noch nicht stolpert und zudem weiß, dass es Problemschach schon im 9. Jahrhundert gab, der gehört zur Liga der großen »Löser« von Schachproblemen.

Am letzten Wochenende fanden sich die besten Löser aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Polen, der Slowakei, Russland und sogar Japan zur 12. Internationalen Deutschen Meisterschaft und zugleich 29. Deutschen Meisterschaft in Forchheim ein, genauer im Gasthaus »Roter Ochs« am Burker Kirchplatz. Die Meisterschaft wird von der deutschen Vereinigung für Problemschach »Schwalbe« organisiert und vom Forchheimer Schachclub ausgerichtet.

Anerkannter Fachmann Glenk

Forchheim ist zum ersten Mal Austragungsort des Turniers, doch das Problemschach hat Tradition in Franken. So fanden im Jahr 2002 die Lösemeisterschaften in Nürnberg statt. Der Schachclub Forchheim hat mit Rudolf Glenk einen deutschlandweit bekannten Problemschach-Sammler zum Vorsitzenden. Glenk besitzt eine der größten Literatursammlungen zum Thema Schachprobleme. Problemschach ist nicht mit dem so genannten Partieschach zu verwechseln. Letzteres beschäftigt sich mit einer Partie zwischen zwei Spielern und hat im Groben zum Ziel, den Gegner Matt zu setzen und damit das Spiel zu gewinnen. Problemschach basiert zwar auf den üblichen Regeln des Schachs, führt aber zu einem anderen Endergebnis.

Die Teilnehmer werden beim Turnier mit Situationen aus fiktiven Schachpartien konfrontiert, die sie zum Matt führen müssen. Der Wettbewerb erinnert dabei an eine Prüfung, denn die Spieler sitzen, durch Trennwände voneinander abgeschirmt, einzeln vor einem Schachbrett.

Frauen sind selten

In sechs Runden traten in Forchheim am Samstag und am Sonntag 30 Männer in Disziplinen wie »Hilfsmatt«, »Endspiel« oder »Matt in zwei Zügen« an. Frauen sind unter den Schachproblemlösern nur vereinzelt zu finden.

Die geforderte Antwort auf die gestellte Brettsituation, das heißt eine bestimmte Kombination von Zügen, muss innerhalb einer festgelegten Zeit ausgetüftelt und auf Notizzetteln festgehalten werden. Für jeden richtigen Zug und jede richtige Zugfolge werden Punkte vergeben. Der Spieler mit der höchsten Punktzahl gewinnt. Während man bei anderen Meisterschaften sogar hohe Geldpreise gewinnen kann, spielten in Forchheim prominente Löser wie Arno Zude (Deutschland) und Andrej Selivanov (Russland) alleine um die Ehre.

Warum stürzt man sich mit solcher Begeisterung auf das Lösen von Schachproblemen? Die Leidenschaft zählt eher zu den wirklich seltenen Randsportarten. Mit der Antwort tun sich selbst die Profis schwer. Einig sind sie sich darin, dass das Knobeln nicht unbedingt im Vordergrund steht. Vielmehr faszinieren der Kunstcharakter des Problems und die für den Laien schwer nachvollziehbare Ästhetik von konstruierten Brettsituationen, die zwar auftreten können, aber normalerweise nicht aus einer Partie entstehen und von so genannten »Komponisten« konstruiert werden.

Das Klischee des tüftelnden Mathematikers, der sich in anderen geistigen Sphären bewegt, bedienen die Löser, die in Forchheim zusammentrafen, nicht.

Ein Ergebnis brachte das Turnier freilich auch: Internationaler Meister wurde der Belgier Eddy van Beers vor dem Niederländer Dolf Wissmann und dem Deutschen Arno Zude, der damit Nationaler Meister ist.“

Hier noch der Bericht des „Schwalbe“-Turnierleiters Axel Steinbrink:

Die 29. Deutsche Lösemeisterschaft fand in diesem Jahr vom 15. bis 17. April in der oberfränkischen Kreisstadt Forchheim statt, wo vor über 1000 Jahren schon deutsche Könige gekürt wurden und die in diesem Jahr ihre 1200-Jahr-Feier begeht. Organisator Udo Güldner vom Zweitligisten SC Forchheim sorgte für einen angemessenen Rahmen im Vereinslokal und Rudolf Glenk erstellte mit einer 64-seitigen Festschrift voller Informationen zum Problemschach ein Glanzlicht dieser Veranstaltung. Vor dem Turnier lud Bürgermeister Streit zum Sektempfang in die Kellergewölbe der Kaiserpfalz. Anschließend führte Udo Güldner als sachkundiger Stadtführer die Teilnehmer bei frühlingshaften Temperaturen durch die sehenswerte Altstadt von Forchheim. Ein Imbiss in einem der zahlreichen Straßenlokale schloss den Vormittag ab.

Obwohl die Stammgäste aus Tschechien kurzfristig absagen mussten, war durch die Teilnahme der Spitzenlöser aus der Slowakei, aus Polen und den Niederlanden ein starkes Teilnehmerfeld zu verzeichnen. Die besten Löser aus Belgien mit Eddy van Beers an der Spitze sowie der Japaner Yuji Kikuta, der zur Zeit in Frankfurt beruflich tätig ist, komplettierten als Neulinge das Teilnehmerfeld.

Die relativ leichten Zweizüger stellten für die Spitzenlöser keine Hürde da. Dagegen waren bei den Dreizügern dann wegen der Vielzahl der Varianten fast durchgehend Punkteinbußen zu vermelden. Lediglich Arno Zude kam mit voller Punktzahl durch diese Runde und übernahm damit die Spitze. Michael Pfannkuche fiel bei einer Aufgabe auf eine Verführung herein und damit aus der Spitzengruppe heraus. Bei den abschließenden Studien gab es keine großen Verschiebungen mehr, so dass nach dem ersten Tag eine enge Spitzengruppe mit Dolf Wissmann (40 Pkte.), Arno Zude, Boris Tummes und Andrej Selivanov (je 39) sowie Eddy van Beers (38) zu verzeichnen war.

Der zweite Tag begann dann mit den Selbstmatts und einem Rundensieg von Eddy van Beers, der damit auf den dritten Rang vorrückte. Die anschließenden Mehrzüger forderten vor allem bei Andrej Selivanov ihren Tribut, der damit alle Siegchancen einbüßte. So musste die abschließende Hilfsmattrunde die Entscheidung über den Sieg bringen. Wie im Vorjahr stellte der Hilfsmatt-Fünfzüger von Helmut Zajic die härteste Rätselnuss dieses Turniers dar, an dem sich auch fast alle Spitzenlöser die Zähne ausbissen. Aus der Spitzengruppe schaffte nur Eddy van Beers diese Aufgabe nach gut 40 Minuten und konnte in den ihm verbleibenden 8 Minuten auch den nicht allzu schweren Dreizüger lösen. Damit sicherte er sich bei seinem Debut gleich den deutschen Meistertitel, nachdem er schon bei den niederländischen und englischen Meisterschaften sehr gut abgeschnitten hatte.

Zweiter wurde zum wiederholten Mal Dolf Wissmann (NL) vor den deutschen Großmeistern Arno Zude und Boris Tummes. Neben diesen beiden vertritt noch Michael Pfannkuche die deutschen Farben bei der nächsten Löse-WM in Griechenland. Als viertbester einheimischer Löser qualifizierte sich Claus Czeremin für Eretria. Bemerkenswerte Resultate erzielten noch Andy Ooms aus Belgien als 12. sowie bei seinem allerersten Löserauftritt Christian Ahmels aus Stein, der die Qualifikation zur WM nur um 3 Punkte verpasste.
Die Teilnehmer äußerten sich sehr positiv über das gelungene Turnier und sehen der nächsten Auflage im April 2006 (vermutlich in Sottorf bei Hamburg) mit Interesse entgegen.“